
Ich habe auf diesem Blog bisher nur einmal über Kerstin Gier geschrieben, was ein bisschen frech von mir ist, da diese Autorin und ihre Bücher so viel in mir losgetreten haben. Als ich 2013 über die Edelstein-Trilogie gestolpert bin (natürlich durch die Ankündigung des Kinofilms, ist ja irgendwie Standart bei mir) wurde diese Buchreihe für mehrere Monate mein Zuhause. Ich könnte schwören, ich könnte sowas wie einen Raumplan vom Haus der Familie Montrose zeichnen, so oft habe ich diese Bücher damals gelesen. Im Theatercamp 2013 habe ich mit meinen Freundinnen die frisch erschienene Filmausgabe stundenlang gewälzt und die Setfotos analysiert, um vielleicht rauszufinden, was sich an der Handlung geändert hat. Hach, gute Zeiten. Und schon 12 Jahre her. 12! ZWÖLF!!
Für Juni 2025 wurde dann im Frühjahr eine überarbeitete Neuauflage der Trilogie angekündigt, wobei Saphirblau und Smaragdgrün jeweils einen Monat später erscheinen werden. Jetzt, Mitte Juli, ist Saphirblau also auch bereits erhältlich, auf Smaragdgrün müssen wir bis Mitte August noch warten. Als detailverliebte, wehmütige Buchnerdin habe ich es mir natürlich nicht nehmen lassen, die Neuauflage zu lesen. Weil also, bitte. Ich brüte schon bei normalen Büchern liebengerne über die kleinen Details, eine Neuauflage, mit überarbeitetem Text UND neuem Material ist wie ein Lottogewinn für mich. Daher also auch dieser Blogbeitrag. Hehe.
Kurze Warnung: Ich werde in diesem Beitrag spoilern. Die Buchreihe ist 2009 erschienen und eine Auseinandersetzung mit der Neuauflage macht wenig Sinn, wenn ich dabei um wesentliche Entwicklungen herumtanzen muss.
Zum Inhalt
Gwendolyn Shepherd weiß nicht viel über das Zeitreise-Gen ihrer Familie, aber sie weiß, dass sie es eigentlich nicht haben sollte. Dennoch springt sie plötzlich wild in der Zeit herum, dabei sollte dies eigentlich ihrer dauer-perfekten Cousine Charlotte passieren. Nun betraut mit einer Mission zur Rettung der Menschheit muss sich Gwendolyn in der geheimniskrämerischen Loge des Grafen von St. Germain behaupten, begleitet vom undurchsichtigen, aber viel zu charmanten Zeitreisepartner Gideon de Villiers.
Der Elefant im Raum – Warum eine Neuauflage?
Wenn ihr, wie ich, die parasozialen Beziehungen zu Autor*innen sehr ernst nehmt, dann habt ihr vielleicht auch schon Kerstin Giers Erklärvideo dazu angeschaut; wenn nicht, hier die Kurzform: Der Text sollte ein bisschen zeitgemäßer werden, mit weniger Popkulturrefferenzen und gerade im dritten Band sollte der Showdown überarbeitet werden. Das sind in meinen Augen valide Gründe. Zuletzt hat Samantha Shannon mit ihrer Bone-Season-Reihe sehr erfolgreich eine Überarbeitung ihres Texts herausgebracht und wenn der Verlag dies mitmacht – warum nicht? Passend zur Neuauflage der Edelstein-Bücher gibt es auch neue Hörbücher, die nun von Carolin Sophie Göbel, Markus J. Bachmann, Julia Fischer, Oliver Rohrbeck und Kerstin Gier selbst eingesprochen werden. Ich habe die Hörbücher schon gehört und empfinde sie als sehr gelungen – die Änderung der Aussprache des de Villiers-Namen ist eine Umstellung, aber man muss ja nicht zum Hörbuch greifen, wenn man das nicht mag. Ich persönlich mag Sophie Göbels Version von Xemerius sehr gerne; sie erfasst für mich den frechen Wasserspeierdämon perfekt. (Ich mochte Rufus Beck Film-Version gar nicht.)
Falls man nicht zufällig ein Rubinrot Hardliner ist und die Bücher auswendig mitsprechen kann, fallen die Änderungen in der Neuauflage kaum auf. Die Änderungen erweitern das Buch um circa 10 Seiten, manches, wie Tante Maddies Tagebucheinträge und die Analen der Wächter, beinhaltet neue Informationen und runden die ganze Welt um die Montroses und de Villiers ab – Das sind auffällige Änderungen. Die Änderungen im vorhandenen Text jedoch sind sehr gut eingepflegt. Mir sind diese nur aufgefallen, weil ich parallel meine alte Ausgabe zur Hand hatte und es live vergleichen konnte. Der Text fließt mit den Änderungen besser, gerade in Dialogen, wo schnell mal Infos verloren gehen können, ist mir das psoitiv aufgefallen. Einige wenige Szenen wurden umstrukturiert, aber auch nur, um die (emotionale) Entwicklung von Gwendolyn besser abzubilden. Man merkt, wie der Text noch mehr von der Kerstin Gier Handschrift dadurch gewinnt. Andere Änderungen betreffen die Sensibilität von einigen Aussagen, so wurde beispielsweise vieles von der fatshaming-Sprache rund um Lord Brompton entfernt und manche Kommentare politisch korrekt angepasst, was ich persönlich sehr gut finde. Auch wurden einige der Gerichte, die bei den Montroses gereicht werden umgeändert, es gibt weniger Fleisch und mehr vegetarische Alternativen. Das wäre mir ohne den direkten Vergleich auch nicht so schnell aufgefallen, zum Niederknien lecker klingt es immer noch.
Einige Änderungen, gerade in den Dialogen, kommen auch direkt Gideon zugute, was ich persönlich am Spannendsten finde. Gerade gegen Ende des Buches, wo Gwen und Gideon mehr miteinander zu tun haben und sich abstimmen müssen, profitiert der Text davon, dass Gideon ein bisschen mehr ausgeschrieben wurde. Dadurch, dass man nur aus Gwendolyns Perspektive liest, bleiben viele von Gideons Motivationen verborgen, aber die Änderungen umfassen so etwas wie ein Zögern seinerseits, bevor er etwas ausspricht oder etwas simples wie seinen Gesichtsausdruck. Bisher war man auf Gwendolyns Interpretation von Gideon angewiesen, auf den Kontext ihrer Interaktionen, durch die Überarbeitung bekomment man ein bisschen mehr Material zu ihm an die Hand. Ich hatte den Eindruck, dass die Beziehung zwischen Gwen und Gideon dadurch ein bisschen ausgeglichener wirkt, man kann als Leser*in besser abschätzen, wie Gideon tickt und in ihm eine ähnliche Unsicherheit erkennen, wie bei Gwendolyn. Mister Kotzbrocken hat auch nicht zu allem die Antwort und diese Unvollkommenheit an ihm zu sehen, hat (für mich) überraschend viel Gewicht. Gideons arrogante Ausstrahlung hält sich fast die ganze Trilogie hartnäckig, eben weil einem als Leser*in so viel von ihm entgangen ist im Original und ich begrüße die Einblicke, die die Neuauflage ermöglich hat. In Rubinrot gibt es ein neues Kapitel allein aus Gideons Perspektive, das unmittelbar vor seinem Kennenlernen mit Gwendolyn spielt und einen Blick auf ihn ermöglicht, bevor sein Leben durcheinander geworfen wurde. Strategisch ist das super spannend, weil Gideon in diesem Kapitel noch von Charlotte als Rubin ausgeht und das einen fast unverfälschten Blick auf seinen Charakter bietet.
Fazit
Dennoch will ich hier nochmal kurz anmerken, dass diese Änderungen wirklich nur im direkten Vergleich auffällig werden und ich eine diebische Freude daran habe, dies zu tun. Diese Neuauflage macht nicht zunichte, was in den alten Ausgaben steht, man begegnet keinen völlig neu geschriebenen Figuren, es liest sich nur wie eine leicht poliertere Version der usprünglichen Ausgaben. Die Neuauflagen verändern nicht den Kanon, sie arbeiten nur manche Details besser aus. Man kann also getrost weiterhin die alten Ausgaben lesen und lieben, die Neuauflage ist kein Software Update das man laden muss, um das Fandom noch betreten zu können.
RUBINROT (2025)
Verlag: Arena • Seiten: 352 • Format: Hardcover, eBook, Hörbuch • Preis: 24€ (HC); 17,99€ (eBook), 19,59€ (Audio-Download) • Erscheinungstermin: 16. Juni 2025 • Link zu Einzig&Artig für signierte Ausgaben
Schlagwörter: Arena Verlag, Edelstein-Trilogie, Jugendbuch, Kerstin Gier, Rubinrot
Nur leichte Veränderungen, ah, das freut mich, nachdem dein Einführungstext kurz Sorge bei mir ausgelöst hat ^^
Ich habe mir die Neuauflagen wegen der hübschen Aufmachung nämlich sofort gesichert, aber sie noch nicht gelesen. Hauptgrund für den Kauf war und ist die Tatsache, dass ich die Trilogie trotz zahlreicher Rereads über die Jahre hinweg noch gar nicht persönlich besitze (sie war im Regal von jemand anderem trotzdem immer in Reichweite). Umso mehr freut es mich, dass meine Ausgaben jetzt so schön sind.
Nur die Sache mit dem überarbeiteten Smaragdgrün-Showdown gibt mir zu denken …
Oh, wie schön, dass die Neuauflage schon bei dir einziehen konnte! Ich schleiche noch drum herum, weil ich bereits zwei Ausgaben der Trilogie besitze, aber vielleicht muss ich mir Band 3 zulegen, wenn dieser erscheint. Ich kann die Vorsicht bei der Überarbeitung verstehen und bin selbst super gespannt, was in Smaragdgrün dazugekommen ist. Kann mir aber nicht vorstellen, dass es groß abweicht, das würde nicht zum Stil der bisherigen Überarebitungen passen. Ich habe die Reihe kürzlich nochmal gelesen und mir sind ein paar Dinge aufgefallen, die ich anpassen würde. Beispielsweise wie Dr. White dem Grafen auf die Spur kommt oder was genau die Wächter vor, während und nach der finalen Konfrontation machen un zu sagen haben, das würde mich brennend interessieren und das Finale irgendwie greifbarer machen. Aber mal sehen, sind a nur noch ein paar Wochen.
Alles Liebe
Friederike