Ich bin – wie irgendwie nicht anders zu erwarten – etwas spät mit dieser Rezension. Ich habe den Hype um die Six of Crows Duologie nicht verpasst, ich hatte nur wenig Interesse daran die Bücher zu lesen, bevor ich nicht die Grischa-Trilogie vorher beendet hatte. Das ist bisher aber noch nicht passiert und bis vor einer kurzen Leseflaute hatte ich auch kein Interesse daran etwas anderes aus Leigh Bardugos Feder zu lesen. Aber dann brauchte ich etwas Neues, etwas das ablenkt und gefangen nimmt – Tadaa! Ich habe die Dilogie gekauft.
Darum geht’s
Kaz Brekker bekommt einen Job angeboten, der absolut riskant und waghalsig, aber auch sehr ertragreich wäre. Also sucht er sich von den Straßen des Gaunerviertels Ketterdams eine Crew von talentierten und merkwürdigen Gestalten zusammen, um sie in eine so-gut-wie-Tod Mission zu führen. Quer über den Kontinent soll es gehen, nur um im sichersten Gefängnis überhaupt eingebuchtet zu werden.
Meine Meinung
„Being angry at Kaz for being ruthless is like being angry at a stove for being hot.“ S. 98
Über die Handlung muss ich wohl nicht mehr viel erzählen, die Gruppe der sechs Tunichtgute ist divers, gefährlich und spannend und ich habe ganz klar Favoriten. Ich habe Jesper mit seinem Humor geliebt, Nina und Inej für ihre ehrliche, zarte Freundschaft (Frauenfreundschaften!) und Kaz dafür, dass man sich so gut wie immer auf ihn verlassen konnte. Matthias finde ich nach wie vor etwas anstrengend, obwohl er eine gute Entwicklung durchmacht und Waylen mag ich, weil er wie ich ist und dann doch wieder nicht, weil er wie ich ist. (Zumindest laut dem Charaktertest auf der Grishaverse-Webseite.) An Inej hat mich ihre Panik ein wenig gestört, obwohl diese wunderbar begründet und dargestellt worden ist.
Wenn ich das Buch nach der Stärke des Plots einteilen müsste, dann wären die Parts 1 und 2 definitiv meine liebsten, dann Part 5 und 6 und der Rest (Part 3 und 4) eher so lala. Die Stadt Ketterdam fasziniert mich definitiv am meisten und alle Szenen dort fand ich super spannend, gefährlich und atmosphärisch. Wann immer die Rede von den Straßen und Brücken, Wasserkanälen und Banden war, habe ich mich zu 100 % dort gefühlt und ich finde die Idee eines Ortes, wo sich die verschiedenen Kulturen mischen und in sowas-wie-Harmonie leben, absolut faszinierend. Ich hoffe sehr, dass Crooked Kingdom viel in Ketterdam spielen wird.
„It’s just so much easier to kill people than take care of them.“ S. 200
Da es sich bei der Handlung hauptsächlich um den großen Auftrag handelt und die Reise dorthin ein bisschen beschwerlich ist, wird in dieser Zeit viel an Hintergrund zu den Figuren aufgebaut. Ich kann nachvollziehen, warum das so gemacht worden ist und kann nicht sagen, dass es nicht spannend war. Jede der Figuren hatte eine besondere, brutale und auch traurige Geschichte, haben Fehler, aber sind auch bereit zu kämpfen. Dennoch hat es sich an dieser Stelle etwas gezogen, die aufeinander folgenden Rückblicke kamen meines Geschmackes nach zu schnell aufeinander und oftmals habe ich kurz vergessen, wer gerade mit Erzählen dran ist.
„Though he’d trusted her with his life countless times, it felt much more frightening to trust her with his shame.“ S. 297
Der Schreibstil ist für mich mit der beste Teil an dem Buch, er hat die Geschichte zum Leben erweckt und für mich hat Leigh Bardugo die perfekte Mischung aus Beschreibung und Dialog gefunden, nie habe ich „mehr“ wissen wollen oder etwas unzureichend gefunden. Die Finesse, mit der sie den Einbruch geschrieben hat, beeindruckt mich sehr, all diese irren Ideen wären mir niemals in den Sinn gekommen.
Bis zum Schluss war ich außerdem angespannt, weil irgendwas einfach schief gehen musste und meine Befürchtungen gingen in die richtige Richtung. Ich denke, das ist einer gewissen Vorhersehbarkeit geschuldet. Vielleicht ist das Teil von Leigh Bardugos Stil, aber immer wenn man denkt, dass toppt sie nicht mehr, setzt sie doch noch einen drauf und dieses Wissen hat vielem den Ernst genommen. Obwohl ich an einigen Stellen überrascht war von der Dreistigkeit mancher Handlungen, hat es mich nie absolut geschockt. Entweder habe ich schon zu viele Romane mit einem ähnlichen Ton gelesen, oder werde einfach zu alt. Es war dennoch schwer von einigen Begebenheiten zu lesen, und ich habe sehr mit den Figuren mitgefiebert, weil die Autorin sie unglaublich gut verkaufen konnte.
„Us. A word without divisions or borders. It seemed full of hope.“ S. 463
Am meisten fasziniert mich immer noch die unterschiedlichen Figuren und die moralischen Grauzonen, die sie beschreiten. Wenn man etwas gut begründen kann, kann man praktisch jedes Verhalten rechtfertigen und das hat Leigh Bardugo in diesem Buch meisterhaft beherrscht. Setzte die Figur nur in eine Welt die grausam genug ist und Zack – Nichts von dem, was sie tut, ist plötzlich mehr schlimm. Dabei passieren in diesem Buch genug schlimme Sachen, auch von einigen sehr detaillierten Grausamkeiten, die ich so ganz bestimmt nicht erwartet hatte. Auf ein bisschen Brutalität sollte man also gefasst sein. (Aber wem erzähle ich das, ihr habt das Buch doch bestimmt schon gelesen, oder?)
Verlag: Orion • Seiten: 495 • Format: Taschenbuch • Preis: 7,99€ • Neugierig? Amazon.de
Ramona | El Tragalibros meint
Hallo Friederike,
ich hab das Buch auf Deutsch erst kürzlich gelesen und mich hat es ebenso begeistert. Der zweite Band liegt auch schon bereit und ich brauche nur noch die richtige Lesestimmung, um endlich wieder in diese Welt einzutauchen. Denn viel Zeit wird es nicht brauchen, das Buch zu lesen. Leigh Bardugo schreibt so mitreißend, dass man gar nicht aufhören möchte.
Am besten hat mir gefallen, dass sie so einen großen Fokus auf ihre Figuren legt und wirklich jeder eine Geschichte mitgibt (ohne dass es langweilig wird!). Und ja – auch die Grauzonen fand ich faszinierend, schwarz-weiß-Helden/Antihelden/Feinde sind eben nicht mehr zeitgemäß!
Viele Grüße
Ramona (#litnetzwerk)
evilgenius meint
Also ich habe es noch nicht gelesen, jetzt bin ich aber schwer versucht, es zu tun. Um ehrlich zu sein, habe ich es mir schon im März oder April gekauft, habe es bis jetzt aber nicht zur Hand genommen, weil ich Angst habe, wegen des Hypes zu hohe Erwartungen zu haben, die nicht erfüllt werden, sodass es mir nicht gefällt. Witzig, nicht? Innerhalb der nächsten Wochen wird es allerdings definitiv geschehen ^^
Friederike meint
Es freut mich, wenn ich dich anfixen konnte, diese Bücher haben ihren Hype auf jeden Fall verdient. Ich kann verstehen, dass Hype abschreckend sein kann, aber dann wartet man halt, bis die Aufregung abflaut und liest es dann. 😀 Ich hoffe auf jeden Fall, dass es dir gefällt!
Liebe Grüße, Friederike.
Friederike meint
Hi!
Hype kann manchmal richtig schwierig sein, da hast du schon Recht, ich habe mich ja auch lang drum herum gedrückt. Aber gerade für den Herbst finde ich SoC super, der ständige Regen in Ketterdam passt da sehr gut. 😀 Um die eigene Begeisterung noch ein wenig zu fördern kann ich dir auch Fanvideos und Interviews empfehlen, die Liebe der Leser zu den Büchern kann viel beitragen, um eventuelle Enttäuschungen auszubügeln. Auch hier wünsche ich dir viel Spaß beim lesen, ich hoffe, es wird deinen Anforderungen gerecht.
Alles Liebe,
Friederike.
evilgenius meint
Das hoffe ich auch. Ich habe tatsächlich letzte Woche das Buch in die Hand genommen und nur das erste Kapitel gelesen, bevor ich es wieder weggelegt habe, weil ich eher Lust auf eine andere Reihe hatte. So etwas tue ich normalerweise nie ^^
Vielleicht werde ich doch noch auf Fanvideos zurückgreifen müssen …
Friederike meint
Ich gebe zu, das erste Kapitel ist etwas verwirrend und ich habe auch zwei Anläufe gebraucht, aber sobald du Kaz und die anderen kennen lernst wird es wesentlich spannender. Aber manchmal ist einfach der richtige Zeitpunkt nicht da, fühl dich bloß nicht unter Druck gesetzt das Buch zu lesen. Ich meine, ich habe ja auch sehr lange gewartet. 😀