Am Montag, dem 17. September 2018 habe ich mir meine beste Freundin geschnappt und einen Roadtrip nach Würzburg gemacht. Das war ausgesprochen spontan, aber absolut nötig, denn immerhin schwärme ich auf diesem Blog seit April von Alexandra Bracken und den Psi-Kids und musste jetzt endlich mal den Kinofilm gucken!

Jugendbuchverfilmungen sind seit einigen Jahren beliebtes Filmmaterial, allerdings auch sehr umstritten, da man Buchfans kaum zufrieden stellen kann. Eine absolut getreue Verfilmung ist selten möglich und auch nur selten sinnvoll, da Buch und Film zwei verschiedene Medien sind. Wie mein Professor für Kommunikationswissenschaften so gerne sagt: Das Medium ist die Botschaft. Und Botschaften klingen durch verschiedene Medien auch unterschiedlich.

Wenn man sich das einmal in Erinnerung ruft, kann man Änderungen an Plot und Figuren ein bisschen besser verkraften, besonders wenn das verfilmte Buch einem so lieb geworden ist, wie mir The Darkest Minds. Wer meine Rezension dazu nicht gelesen hat oder will, bekommt hier nochmal meine liebsten Aspekte in Kurzform: Ich mag die Bücher für ihren historischen Kontext; die gewollten Fake News, die Ruby und ihre Begleiter davon abhalten in Frieden zu leben, sind ebenfalls sehr aktuell und ein gutes Beispiel dafür, wie sehr Tatsachen durch Medien auch verdreht werden können. Abgesehen von dem Roadtripelement im ersten Buch und der wunderschönen Freundschaft sind natürlich auch die psionischen Kräfte der Figuren spannend.

Ich war super gespannt und aufgeregt, als ich in den Film gegangen bin, meine Freundin musste sich Sätze wie „Hoffentlich haben sie es gut gemacht.“ anhören und kleine Informationsschnipsel zum Buch ertragen, die mir gerade durch den Kopf geschossen sind.

Der Film steigt sofort und sehr schnell in die Handlung ein, der Zuschauer bekommt innerhalb weniger Minuten in Form einer Nachrichtensendung alles relevante über die Epidemie und Auswirkungen auf die Kinder in den U.S.A. geschildert. Zusätzlich spricht die Hauptfigur Ruby (Amandla Stenberg) aus dem Off über ihre persönlichen Erfahrung mit der Krankheit IAAN und erzählt wie sie in das allererste Camp (Thurmond), dass zur Erforschung der Krankheit eingerichtet wurde, gekommen ist.

Natürlich kann man in einem 100-minütigen Film nicht alle tollen Momente aus der Buchvorlage einbringen und so wurden die wichtigsten Szenen übernommen. Gerade das erste Treffen der Hauptfiguren war super umgesetzt worden, wodurch die Einführung der Figuren auch gleich sehr buchgetreu vonstatten ging. Wo an Waffle-House Frühstücken gespart wurde, hat man dafür die Szenen im Walmart etwas ausgebaut und den Figuren Zeit gegeben, um Spaß zu haben und so wenigstens ein bisschen Normalität in ihr Leben zu bringen. Dabei ist auch eine richtig schöne Szene zwischen Ruby und Chubs entstanden, die sich ganz wunderbar angefühlt hat.

Ein wenig wurde am Plott dennoch geschraubt, Chubs grün-sein musste natürlich irgendwie zum tragen kommen und so ist er derjenige, der für den Zuschauer die Verbindungen herstellt und als Erster versteht, was vorgeht. Das tut er mit seiner ganz eigenen Chubsigkeit.

Außerdem ist Rubys Flucht aus Thurmond nicht ganz so reibungslos verlaufen, wie im Buch. Auch hier wurde ein bisschen am Plot gebastelt, damit die Geschichte am Ende runder wirkt.

Apropos Ende: Da sollte man sich keinen Illusionen hingeben, ein bisschen was fehlte da schon. Allerdings war die weggelassene Szene für die Figuren nicht wirklich relevant, ich kann die Änderung gut nachvollziehen. Man hat versucht dem Ton des Endes treu zu bleiben, allerdings fühlte sich die letzte Szene sehr endgültig an, sodass, sollte es keine Verfilmung von Band 2 geben, man als Zuschauer dennoch irgendwie ein akzeptables Ende hat.

Eine der größeren Änderungen ist die Kategorisierung und Darstellung der Fähigkeiten. Bereits im Trailer hat man gesehen, dass die Augen der Kinder in der jeweiligen Farbe aufleuchten, wenn sie ihre Fähigkeiten benutzen. Das mag nur als kleine Änderung erscheinen, hat allerdings eine deutlich größere Wirkung. Die Farben, nach denen man die Fähigkeiten einstuft, wurden den Kindern im Buch von der Regierung willkürlich verpasst, man hat sie so gebrandmarkt und ihnen einen Teil ihres Mensch-Seins abgesprochen. Durch das Einfügen der leuchtenden Augen im Film wird dieses Vorgehen praktisch gerechtfertigt, weil die Kinder auf natürliche Weise in Kategorien eingeteilt wurden. Es wurde „weichgespült“, Kindgerecht gemacht, die Grausamkeit unter den Teppich gekehrt. Der Zuschauer glaubt, dass ein solches Einordnen von Menschen okay ist. Und genau das ist einer der wichtigsten Punkte, die das Buch zu widerlegen versucht. Durch eine Änderung, die dem Zuschauer helfen sollte, wird eine ganz falsche Botschaft gesendet. (Zudem wurde das Aufleuchten der Augen mit einem Soundeffekt unterlegt, was dem Ganzen den Charme einer flackernden Glühbirne verleiht.)

Eine weitere Veränderung ist die Ernsthaftigkeit von Liam Stewart (Harris Dickinson). Buchfans wundern sich jetzt vielleicht, denn Liam ist keinesfalls ernst. Natürlich hat auch er mal einen ernsteren Moment, aber sein Charakter hat während des Buches immer versucht gute Laune zu verbreiten, hat Witze gerissen, Chubs Pessimismus entgegengewirkt und war ein klasse großer Bruder für Zu. Er hat Ruby ein Stück Normalität gegeben. Liams Figur wurde im Film leider wesentlich ernster und erwachsener gemacht und so wurde die Chemie, die zwischen ihm und Ruby herrscht manipuliert und auch etwas gedämpft. Obwohl man sich weitgehend an die Handlung gehalten hat, fühlten sich Szenen zwischen Ruby und Liam oft gewollt an, man hat ihre Liebesgeschichte in den Vordergrund gerückt und keine Situation ungenutzt gelassen, um eine körperliche Anziehung anzudeuten. So wurde ihre ehrliche Freundschaft leider fast komplett weggelassen.

Da ich hier gerade ziemlich negativ geworden bin, kommen jetzt ein paar Dinge, die ich sehr gemocht habe: Zu (Miya Cech) und Chubs (Skylan Brooks). Obwohl Chubs im Film ein Grüner, anstatt Blau, wie es im Buch gewesen ist, ist hat man seinen Charakter so perfekt auf den Punkt getroffen, dass es für mich einige Szenen gerettet hat. Seine Kommentare, Abgeklärtheit und Loyalität haben Rubys und Liams kitschige Momente überschattet und Zu wurde ebenfalls richtig gut gecastet. Ihre süße Freundschaft mit Ruby wurde wunderschön dargestellt, dass sie nicht geredet hat, hat im Film keinerlei negativen Effekt hinterlassen, da Zu durch Gesten und Mimik präsent genug war.

Eine weitere Überraschung war für mich Clancy Gray, gespielt durch Patrick Gibson. Er stimmt nicht ganz mit der Buchvorlage überein, aber das sind Kleinigkeiten, dafür hat er Clancys Charakter genau auf den Kopf getroffen. Seinen Irrsinn konnte man hinter seinem Lächeln sehen, er war teilweise wirklich so gruselig, dass ich in meinen Sitz zu krabbeln versucht habe.

Zudem war die Musik im Film sehr vorherrschend, manchmal fast ein bisschen zu laut. Musik kann die Stimmung einer Szene wesentlich beeinflussen und was an Gesprächen zwischen den Figuren gestrichen worden ist, wurde zumindest durch die Musik versucht zu vermitteln. Sowas muss man natürlich mögen und manchmal hätte ich mir auch ein paar Momente der Ruhe gewünscht, aber alles in allem mochte ich die Musik aus dem Film sehr. Den Soundtrack findet ihr hier.

Und – ganz untypisch für mich – besonders der Abspann hat mir gut gefallen. Bisher hatte ich für Abspanne nicht viel übrig (außer vielleicht für die von Marvel), aber diesen fand ich sehr schön gemacht. Ohne zu viel verraten zu wollen, man fasst die Essenz und wichtigen Orte des Films nochmal schön zusammen, ich mochte das irgendwie.

Abschließend kann ich sagen, dass die Verfilmung von The Darkest Minds – die Überlebenden so akkurat wie die der Harry Potter Bücher war, nur, wenn man sich ein bisschen eingehender mit einigen Elementen beschäftigt, fallen einem große Unterschiede auf. Ich denke, als Fan kann man ganz zufrieden sein, und auch, wenn ich ein bisschen gemeckert habe, hoffe ich auf genug Erfolg des Films um eine Fortsetzung zu bekommen.

* Dieser Beitrag ist in Zusammenarbeit mit der S&L Medianetworx GmbH entstanden.