Diese Rezension kommt eigentlich viel zu spät online. Der ET des Buches war schon im August, ich hatte es vorher gelesen, mich an die Rezension gesetzt und dann hat das Schreiben der Rezension nicht so funktioniert, wie ich wollte. Jetzt, Wochen später, ist mir klar geworden, dass ich meine Leseerfahrung noch länger auswerten musste, ich habe tagelang auf dem rumgekaut, was ich gelesen habe und wie ich das am Besten in der Rezension formulieren soll. Ich will transparenter in meinen Rezensionen sein, weswegen ich das hier so offen anspreche: Es fiel mir ausgesprochen schwer diese Rezension zu tippen und ich habe es aufgeschoben.
Zum Inhalt
Clio Farnese lebt im Exil und versucht dort, ihrem alten Leben voller Gefahren und Magie zu entkommen. Sie ist eine Lilith, eine Nachfahrin Adams erster Frau, die sich einst in einen Dämon verliebte – genauso wie Clio selbst. Vor Jahren ging sie eine Verbindung mit Julio Càstano ein, dem wohl mächtigsten Dämon Italiens, und verlor durch seinen Verrat den Glauben an die Liebe. Nun setzt der attraktive Julio alles daran, ihre Gefühle zurückzugewinnen, denn das magische Band zwischen ihnen zieht sie noch immer unaufhörlich zueinander. Aber Clio denkt gar nicht daran, sich noch einmal auf ihn einzulassen, bis ihre beiden Familien auf einmal von derselben dunklen Gewalt bedroht werden. Schon bald muss Clio erkennen, dass nur die Magie ihrer Liebe sie noch retten kann …
Inhaltsangabe via Goodreads.
Ein großes No-Go
Wenn ich versuche den Kern meines Problems mit dem Buch zu formulieren, dann läuft es unweigerlich auf den Weltenbau hinaus. Nicht etwa, weil er schlecht ist, sondern weil er die Machtlosigkeit und Machtabhängigkeit der Frauenfiguren im Magiesystem verankert. Diese Welt ist so konzipiert, dass die Frauen von den Männern abhängig sind und damit untergeordnet.
Im Buch gibt es drei große Wesenskategorien: Dämonen, Liliths und Wächter. Dämonen und Wächter sind männlich und die Nachkommen von Adam und Djinn, den Archetypen von Engel und Teufel. Liliths sind die weiblichen Nachkommen von Lilith, Adams erster Frau und alle drei Spezies verfügen über Magie. Die Magie der Wächter und Dämonen sorgt dafür, dass sie irgendwann wahnsinnig werden, weil Lilith sie verfluchte. Die Magie von Liliths Nachkommen ist schlafend, und kann erst durch die Verbindung zu einem Dämon oder Wächter geweckt werden – wenn diese ein dauerhaftes Band, eine romantische Beziehung zu einer Lilith eingehen. Vorher haben die Liliths keine eigene Magie. Im Laufe des Buches lernte ich dann, dass die Liliths auch nicht mehr über ihre Magie verfügen, wenn sie längere Zeit von ihrem Partner räumlich bzw. körperlich getrennt sind. Sollte eine Beziehung zwischen einem Dämon/Wächter und einer Lilith in die Brüche gehen und sie sich trennen, dann versiegt die Magie der Liliths langsam, während die der Dämonen/Wächter weiterhin bestehen bleibt.
Ich kann gar nicht in Worte fassen, wie unglaublich sauer mich dieses Konstrukt macht. Das hat nämlich auch zur Folge, dass Liliths in der Welt wie Ware herumgereicht werden und möglichst gewinnbringend verheiratet werden. Sie werden zwar auch verhätschelt und mit Reichtümern überschüttet, wenn es in der Macht der Familie steht, aber sie werden wie ein Objekt behandelt. Dass die Gesellschaft patriarchalisch und frauenverachtend ist, kann ich verkraften. Das ist immerhin menschengemacht und kann verändert werden. Aber dass die Wurzeln für diese Ungerechtigkeit von der Natur gegeben worden sind, das kann ich nicht verstehen.
Ein weiteres Problem für mich ist, dass die Beziehung zwischen den Liliths und ihrem Partner heteronormativ ist. Es gibt nur weiblich-männlich-Verbindungen, die Verbindung ist lebenslänglich und funktioniert auf romantisch/körperlicher Ebene am Besten. Die Magie der Liliths kann den Wahnsinn des männlichen Partners am Besten durch Körperkontakt im Zaum halten. Mehr als einmal wird die Hauptperson Clio darauf hingewiesen, dass sie mit ihrem Partner Julio Sex haben soll, weil das seinen mentalen Zustand verbessern würde. Liliths werden im schlimmsten Fall also auch sexuell benutzt, damit es dem Mann besser geht. Das schließt zudem auch aromantische und asexuelle Personen aus, eine platonische Beziehung zwischen einer Lilith und Dämon/Wächter würde nicht gut funktionieren und trans* und nicht-binären Personen gibt es scheinbar nicht. (Ob das nun ebenfalls von der Magie bestimmt wird wird nicht gesagt.)
Die Figuren & die Handlung
Der Kernkonflikt des Buches ist die Konkurrenz zwischen den Wächtern und Dämonen. Hauptfigur Clio ist vor ein paar Jahren aus Florenz und ihrer Familie geflohen, weil sie sich von ihrem Dämon, Julio, hintergangen fühlte. Sie hat sich versteckt und wird zu Beginn des Buches von Julios bestem Freund, Scipio, gefunden und gezwungen zurückzukommen. Scipio droht ihr nämlich damit ihre beiden jüngeren, minderjährigen Schwestern an Dämonen zu verhökern, wenn Clio nicht zurückkommt, damit Julio wieder vollfunktionstüchtig ist. (Scipio hat sich das nicht selbst ausgedacht, sondern überbringt die Botschaft nur. Aber sein weiters Verhalten im Buch ist ebenfalls herablassend und respektlos Frauen gegenüber.) Clio willigt zähneknirschend ein, weil sie ihre Schwestern natürlich beschützen will. Aber die Aktion selbst ist schon ein gutes Beispiel dafür, wie Frauen in dem Buch behandelt werden.
Clio selbst ist eine eher sanfte Person. Sie ist nicht die typisch kämpferische Heldin, die in den letzten Jahren in Büchern so populär geworden ist. Clio mag es zu helfen, sie ließ sich zur Krankenschwester ausbilden, hat vor ihrem Zerwürfnis mit Julio liebevoll ein Gewächshaus gepflegt und sich in einer festen Familienkonstellation sehr wohl gefühlt. Clio ist sanft (kann aber auch ihre Meinung kundtun, wenn sie das will), irgendwie häuslich und das finde ich zur Abwechslung eigentlich sehr schön. Ich konnte mich mit ihr nicht so ganz identifizieren, eben weil sie die himmelschreienden Ungerechtigkeiten so oft über sich hat ergehen lassen, aber an sich war sie mir sympathisch.
Die andere erzählende Hauptfigur ist Julio, der Dämon mit dem Clio verbunden ist. Julio ist ein recht anständiger Typ, er lässt Clio den Freiraum, den sie braucht und hatte von der Erpressung, die dazu führte, dass sie wieder nach Florenz kam, keine Ahnung. Julio wird einmal der nächste anführende Dämon seines Clans sein und entsprechend wie Verantwortung und Druck lastet auf ihm. Dass er dabei so anständig geblieben ist, finde ich fast überraschend. er sorgt sich sehr um all die Personen, die unter seinem Schutz stehen und ist enorm aufopferungsvoll. Ihm liegt viel daran Clio wieder für sich zu gewinnen, zwingt sich ihr aber nicht auf. Aus Julios Perspektive bekommt man auch nochmal mit wie das Band zwischen ihm und Clio funktioniert. Da ist mir negativ aufgefallen, dass der Wahnsinn bei Julio sich in der Art äußert, dass er rasend wird, wie ein wildes Tier und sich in einer Art Sexdrang äußert. Julio musste in solchen Episoden aktiv das Weite suchen, um Clio nicht zu vergewaltigen.
Vielleicht könnt ihr jetzt langsam nachvollziehen, warum ich so massive Probleme mit diesem Buch hatte. An sich habe ich wenig an den Hauptfiguren Clio und Julio auszusetzen – aber mit der Welt komme ich gar nicht zurecht. Ich finde daran nichts romantisch oder gut. Null.
Die Handlung selbst ist relativ simpel: Clio kommt zurück nach Florenz und muss sich der Gesellschaft dort stellen und ihre Beziehungen kitten – ganz besonders die zu Julio. Aber sie hat auch Freundinnen dort gehabt und ihre Schwestern, von denen sie sich nicht verabschiedete und die natürlich alle unterschiedlich gut auf ihre Rückkehr reagieren. Clio muss gute Miene zum bösen Spiel machen und Julio zur Seite stehen, damit sie politisch gut aussehen. Dabei haben die beiden natürlich Gelegenheit sich auszusprechen, das war emotional sehr spannend.
Tatsächlich hätte ich das Buch wohl nicht so schnell gelesen, wenn die Beziehung zwischen Julio und Clio nicht so gut und spannend geschrieben worden wäre. Der Roman ließ sich auch wundervoll schnell lesen, es war selten langweilig oder langatmig. Das Setting war wundervoll lebendig und fühlte sich allgemein sehr nach Urlaub an.
Das Ende ist dagegen sehr fies gehalten, es gibt einen Cliffhanger und es wird auch angedeutet, dass Julio vor Clio mehr verbirgt, als man selbst erwartet. Die Spannung zum nächsten Band wurde definitiv hochgehalten.
Fazit
Handwerklich kann ich dem Buch nichts vorwerfen: Die Figuren sind gut geschrieben, die Spannung war vorhanden und der Schreibstil flüssig und angenehm. Aber für mich ist der Weltenbau einfach nicht vertretbar. Das spricht so ziemlich gegen alles, was ich in Büchern gerne lesen möchte. Deswegen kann ich das Buch in diesem Punkt leider nicht empfehlen. Allerdings finde ich es auch wichtig sich selbst eine eigene Meinung zu bilden, wenn ihr also Interesse habt, dann lest das Buch. Ich werde die Reihe allerdings nicht fortsetzen.
Seiten: 248 • Verlag: Impress • Format: Taschenbuch, eBook • Preis: 12,99€ (TB); 3,99€ (ePub) • Erscheinungstermin: 19. August 2021 • Link zur Verlagsseite
*Vielen Dank an die Autorin und den Verlag für die Bereitstellung eines digitalen Rezensionsexemplars.
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