„Bringing Down The Duke“ ist ein Buch, das mir schon des öfteren auf Social Media begegnet ist, genauso wie die vielen begeisterten Leser:innenstimmen dazu. Als dann die deutsche Übersetzung angekündigt wurde, wollte ich es unbedingt lesen, habe mein Glück bei der Bloggerjury versucht und wenig später Post gehabt. Und dann habe ich das Buch in zwei Rutschen gelesen – einmal angefangen konnte ich es nur sehr schwer aus der Hand legen.
Zum Inhalt
Annabelle Archer bekommt ein Stipendium für das erste Frauenkolleg 1879 in Oxford – die einzige Bedingung: Sie muss die Suffragistinen in Oxford unterstützen. Als jemand, die ihr Leben gerne selbstbestimmt leben würde, ist es für Annabelle kein Problem sich mit den Zielen der Suffragistinen zu identifizieren. Ein Problem ist allerdings der ernste und mächtige Herzog Montgomery, den Annabelle auspionieren soll.
Verstrickungen & hohe Ziele
Gleich bei ihrer ersten Aktion für die Suffragistinnen begegnet Annabelle dem unnahbaren Herzog Montgomery – der kürzlich engagierte Wahlkampfberater für die Tory Partei im Parlament. Als Angehöriger der Partei steht Montgomery ganz klar gegen das Frauenwahlrecht und den Married Woman’s Property Act, der das vorantreiben würde. Die Frauenbewegung aus Oxford ist aber ganz klar dafür und hofft durch Demonstrationen und Pamphlete so viele Parlamentsmitglieder wie möglich für ihre Sache zu gewinnen. Das gestaltet sich natürlich schwierig, weil sie noch ganz am Anfang stehen und nicht ernst genommen werden. Aber sollten die Suffragistinnen den Herzog für ihre Sache gewinnen können, wäre das ein großer Schritt und ein mächtiger Fürsprecher. Annabelle wird zusammen mit ihren Freundinnen Hattie und Caroline auf den Herzog angesetzt, dessen jüngerer Bruder mit ihnen an der Uni studiert. Der Herzog scheint ein besonderes Interesse an Annabelle zu haben, was diese für sich nutzen soll.
Annabelle war eine super spannende Protagonistin – sie hat in ihrem Leben einen Fehler begangen, bitter dafür bezahlt und ist entschlossen ihr Leben so risiko-frei wie möglich zu führen. Aber sie will ihr Leben selbst bestimmen und sieht dies darin ihr Studium in Oxford zu meistern. Annabelle ist bereits 28, was zu der Zeit, in der das Buch spielt relativ alt für eine unverheiratete Frau ist. Damit hat sie auch zu kämpfen, weil sie ihre Zukunft nur in einer unsicheren Zukunft am College sieht oder als kostenlose Nanny & Hausmagd für ihren Cousin, der all ihre Angelegenheiten regelt, weil er der nächste lebende männliche Verwandte ist. Annabelle blüht in Oxford dann richtig auf, sie studiert Antropologie, hat einen sehr fördernden und unterstützenden Professor und findet in der Frauenbewegung ein paar gute Freundinnen.
Ich mochte wirklich gerne, was für eine Betonung auf die Freundschaft zwischen den Frauen mit unterschiedlichstem sozialen Stand gelegt wurde. Das Leben in Oxford allgemeine fand ich ganz spannend – für meine Verhältnisse hätte das fast noch mehr Augenmerk drauf gelegt werden können. Annabelles Begeisterung und Freude am studieren fand ich inspirierend, das wirkt nochmal ein ganz anderes Privileg, wenn man den sozialen Status der Frau um 1880 vor Augen hat. Weibliche Studierende durften nämlich nicht in den öffentlichen Lehrräumen der Kolleges unterrichtet werden, sondern mussten auf andere Räume ausweichen. So wird Annabelle zum Beispiel auch in den Räumen über einer Bäckerei abseits des Campus unterrichtet, muss immer eine Anstandsdame dabei haben und lebt in einem sehr kleinen Kämmerchen.
Sebastian fand ich wirklich interessant – er ist nicht der typischen Degenheld, den historische Romane oftmals mit sich bringen. Er ist pragmatisch, kühl und ernst, etwas das daraus resultiert, dass er schnell erwachsen werden musste. Nach dem Tod seines Vaters kümmert er sich nicht nur um das Erhalten des Erbes und der Macht des Herzogtums Montgomery, sondern auch um seinen jüngeren Bruder, der alles nach ihm erben wird. Sebastian sieht sich keine Familie gründen, nachdem seine erste Ehe gescheitert ist und versucht alles in seiner Macht stehende zu tun, um seinen Bruder Peregrin auf diese Aufgabe vorzubereiten. Der hat allerdings andere Zukunftsvorstellungen.
Auch als er sich langsam in Annabelle verliebt und mehr und mehr mit ihr zu tun hat, bleibt er sehr ruhig und pragmatisch, er ist in seinem Verhalten von Anfang an so ehrlich und unverstellt, das lese ich ganz selten. Das kommt aber wohl auch davon, dass er fast 10 Jahre älter ist als Annabelle.
Dieser Altersunterschied wird als „normal“ in dieser Zeit verkauft, was für mich auch funktioniert hat, weil sich die Jahre zwischen ihnen nicht so riesig anfühlten wie in manch anderen Büchern. Es gibt kein riesengroßes emotionales Machtungleichgewicht zwischen Annabelle und Sebastian – außer in dem Aspekt, dass er ein Herzog und Mann ist und sie eine Frau ohne Titel. Annabelle ist beispielsweise keine Jungfrau mehr, es gibt de facto nichts, dass sie im Leben unter Sebastian stellt, außer eben das Rollenbild zu dieser Zeit. Sie hat schon einige der schlimmsten Sachen im Leben gesehen, die einer Frau in ihrer Position in England passieren kann und geht Sebastian ganz ohne Illusionen entgegen. Sie weiß genau was sie will und was sie kriegen kann und darin liegt ihr eigentlicher Konflikt: Zu entscheiden wie viel sie an ihrer Freiheit und Lebensvorstellung für Sebastian ändern will.
Dieses Buch gewinnt allein deswegen schon für mich, weil ich es innerhalb von zwei Tagen, beziehungsweise zwei Leseeinheiten, beendet habe. An einem Tag habe ich mich hingesetzt und angefangen zu lesen und bis Seite 240 nicht mehr aufgehört und an einem anderen Tag habe ich auf Seite 240 angefangen und bis zum Ende durchgelesen. Dieses Buch war definitiv nicht langweilig. Die Handlung spielt über einige Monate, es fühlt sich aber gar nicht lange an, weil die Begegnungen zwischen Annabelle und Sebastian so emotionsgeladen und voller frecher Gespräche sind. Der Spannungsbogen ist definitiv einer der stärkstes Aspekte für mich in diesem Buch, jede Szene war perfekt gewählt und zeitlich konstruiert.
Was das Buch für mich aber wirklich besonders gemacht hat, war, dass sich historisch wenig Illusionen hingegeben wurde. Das Schicksal und Leben von Annabelle, den Frauen allgemein fühlte sich sehr real und echt an. Wenig wirkte überdramatisiert, Dinge sind passiert, weil das eben so war und nicht um es für die Leser:innen groß auszuschlachten. Alles in allem, fühlte sich die Handlung sehr undramatisch an, etwas das ich sehr zu schätzen gelernt habe. Es gibt natürlich dennoch Spannung, aber eher auf der emotionalen Ebene. Auch das Ende des Buches hat mich überrascht – aber auf eine sehr gut Art und jetzt bin ich wirklich, wirklich gespannt auf den nächsten Band, der die Anführerin der Frauenbewegung in Oxford ins Zentrum stellt.
FAZIT
Band Eins von Die Rebellinen von Oxford war ein spannender Auftakt, der viele interessante Figuren einführte und Lust auf mehr politische und gesellschaftliche Verstrickungen der Zeit macht.
übersetzt von: Corinna Wieja • Verlag: LYX • Seiten: 455 • Format: Paperback, eBook • Preis: 14,00€ (PB); 9,99€ (ePub) • Erscheinungstermin: 30. April 2021 • Link zur Verlagsseite
*Vielen Dank an den Verlag und die Bloggerjury für die Bereitstellung eines Rezensionexemplares.
Tina meint
Hallöchen Friederike,
das klingt nach einem frischen historischen Reihenauftakt, der Spaß macht. Ich mag das Cover sehr gern, konnte mich aber bis jetzt nicht durchringen, mich näher damit zu beschäftigen. Danke, dass du mir ein umfassendes Bild gibst.
Liebe Grüße
Tina
Friederike meint
Hi!
Freut mich, dass meine Rezension hilfreich war. Falls du das Buch in der Zeit, die ich brauchte, um auf deinen Kommentar zu antworten (Sorry dafür), schon gelesen hast, hoffe ich, dass du es mochtest. (WOW, was für ein Satz, so viele Kommas! :D) Und wenn du es erst demnächst liest wünsche ich dir viel Spaß mit Annabelle und Sebastian!
Alles Liebe
Friederike
Kat @ Bookish Blades meint
Freut mich sehr, dass dir das Buch gefallen hat 🙂 Ich fand den zweiten Band auch richtig gut und bin nach der Leseprobe jetzt sehr, sehr auf den dritten gespannt 😀
Ich hoffe, die nächsten gefallen dir ebenfalls 🙂
Friederike meint
Ooh, auf den zweiten Band bin ich auch richtig gespannt! Da finde ich schon die Ausgangssituation sehr cool.