Von dem Buch hatte ich mir einen süßen Sommerroman versprochen, irgendwas zwischen Simon vs. the Homo Sapiens Agenda und Geekerella. Die Idee mit dem Foodtruck fand ich großartig und hat mich neben der Liebesgeschichte am meisten angesprochen. Das hat einfach für Widererkennungswert gesorgt und viele Stunden in brütender Hitze im Foodtruck, aber mit den besten Gesprächen in meinen Kopf gezaubert.
Zum Inhalt
Max und Jordan sind das komplette Gegenteil voneinander. Max erfüllt alle Punkte des Klischeehaften Sportlers und Jordan ist der typische zurückgezogene „Weirdo“. Durch Zufall bekommt Max mit, wie Jordan und seine Mutter über Geldprobleme reden und bietet kurzerhand seine Hilfe beim Foodtruck an. Durch die Zusammenarbeit kommen sich Jordan und Max näher und lernen hinter die Fassaden des anderen zu blicken.
Nach der Hälfte des Buches – circa 220 Seiten – habe ich aufgegeben. Seit Wochen habe ich versucht diese Geschichte zu lesen und kam nur mithilfe des Hörbuchs – das übrigens wunderbar gesprochen ist, an den Figuren aber leider nur wenig sympathischer machen konnte – überhaupt so weit. Ich breche nicht gerne Bücher ab, aber ich denke, je länger ich in in diesem Buch stecke, desto schlechter wird meine Meinung davon, einfach weil ich nicht voran komme. Hier also gestehe ich meine Niederlage ein und schreibe eine Abbruchrezension.
Max & Jordan
Max hat mexikanische Wurzeln, spielt in der Schulmannschaft Baseball, ist entsprechend fit, liebt Videospiele und hat seine Bros. Und er kocht sehr gerne und offenbar auch sehr gut, denn er bietet an in dem Foodtruck auszuhelfen und krempelt in kürzester Zeit den Umsatz und die Speisekarte gehörig um. Wenn dieses Buch eins kann, dann einem den Mund wässrig zu schreiben.
Jordan hat zwei beste Freundinnen, Pam und Kayla, führt mit ihnen mal tiefgründige, mal weniger tiefgründige Gespräche über soziale Ungerechtigkeit und Diskriminierung und muss die mentalen Ups-and-Downs seiner Mutter ausbaden. Er hat – wie jede:r Jugendliche:r – Pickel, ist sehr dünn und hat eine tief verwurzelte Selbstabscheu. In Jordans Kopf zu stecken war nicht einfach, weil er sich konstant selbst hinterfragt und das auf die ungesunde Art und Weise.
An sich habe ich kein Problem mit Stereotypen, wenn sie denn gut gemacht sind und irgendwie noch etwas eigenes in die Handlung mit einbringen. Hier habe ich das nicht so wirklich gefühlt. Was auch nicht schlimm ist, niemand muss sein Besonders-sein beweisen, aber irgendwo blieben die Nuancen der Charaktere hängen. Aufgrund ihres Stereotyp-seins konnte ich sehr gut Reaktionen und Konfliktpotentiale voraussehen, irgendwo „kannte“ ich die Handlung und Probleme des Buches schon. Das sorgte letztendlich dafür, dass ich mich eher weniger um die Handlung scherte – es wurden im Prinzip alle unangenehmen Situationen, die ich mir einem Jugendroman vorstellen konnte, gezeigt und das hat mir einfach nicht gefallen.
Nach einigen Kapiteln kamen dann langsam tiefere Gesprächsthemen zwischen Jordan und Max auf und einige Dinge wurden gesagt, die wunderschön waren, aber dann gab es auch die, die ich schockierend fand. Max zum Beispiel echauffiert sich über die Bezeichnung Latinx – Jordan hat versucht politisch korrekt und respektvoll zu sein und Max haut ihm das um die Ohren, weil er das kompliziert findet und niemanden kennt, der diese Bezeichnung benutzt. Ich meine, ja, solche Menschen gibt es und jede:r darf seine:ihre freie Meinung haben, aber jemanden anzugehen, wenn er:sie versucht hat, etwas richtig zu machen, ist doof. Und dann gab es da noch unangebrachte Kommentare zu Max‘ Etnie, wo ich mir einfach nur an den Kopf greifen wollte (und das eventuell auch getan habe).
„Kein schwuler Typ, der was auf sich hält, hört so einen Scheiß. Das ist typische Bro-Macker-Musik.“ Pam sagt: „Kein Mexikaner mit Selbstachtung hat jemals Imagine Dragons gehört. Niemals.“
S. 204
Und das von zwei absolut weißen Menschen. Ich kann nicht mehr. Ich meine, jede:r kann Fehler machen, Teenager müssen sich sowieso in dem Gewirr von Do’s and Don’t zurecht finden und nebenbei noch ihre eigene Identität, aber solche verletzenden Aussagen wurden auch nicht aufgeklärt. Sondern drüber gelacht.
Jordan schien außerdem nicht dazuzulernen und immer dieselben Fehler zu wiederholen, z.B. plant er Rezepte für den Foodtruck, aber übt sie nicht vorher oder recherchiert was genau man braucht, um einen Foodtruck führen zu dürfen. Das kann meiner Meinung nach einmal passieren, aber dann sollte man aus den Fehlern lernen und es versuchen besser zu machen. Das ist bei Jordan aber nicht passiert und nach x-vielen Szenen, die genauso abgelaufen sind, hatte ich keine Lust mehr. Außerdem fand ich seine beiden Freundinnen und die Beziehung, die sie zueinander haben, eher grenzwertig – so eine Freundschaft würde ich mir für mich selbst nicht wünschen, da würde ich mich super unwohl fühlen. Die Mädels ziehen Jordan wegen seiner Homosexualität teilweise sehr auf, machen unangebrachte Kommentare und zwingen ihn über Dinge zu reden, über die er nicht reden will. Diese Freundschaft war absolut unausgeglichen und manchmal sehr respektlos, da wollte ich wirklich nicht mehr drüber lesen.
„Bitte, hört auf“, flehe ich, und ich weiß, es ist bescheuert, aber ich spüre, wie sich ein enges, beklemmendes Gefühl in meiner Brust bildet. Ich habe Nein gesagt. Welchen Teil von Nein haben die zwei nicht verstanden?
S. 115
Bei Max ist es irgendwo ähnlich – seine Bros machen auch viele unangebrachte Kommentare zu seiner Sexualität, reißen Witze auf seine Kosten etc. Max steckt das alles besser weg als Jordan, weil das ja irgendwo „normal“ ist und er sich einredet, dass seine Kumpel ihn wenigstens akzeptieren. Was, nebenbei bemerkt, natürlich absolut nicht normal oder okay sein sollte. Max hat zusätzlich mit einer schlimmen sexuellen Erfahrung zu kämpfen, die ihn nachhaltig belastet. Bis zu dem Punkt, an den ich gelesen habe, wurde nur angedeutet, was passiert ist, aber ich wollte das nicht unter den Tisch fallen lassen. Es wird schon ziemlich früh darauf Bezug genommen und mit der Zeit werden die Hinweise immer deutlicher. Die Triggerwarnung zu Beginn des Buches ist deswegen nicht zu übersehen.
Auch nach mehr als 200 Seiten des Buches waren mir die Figuren noch nicht wichtig genug, um weiterzulesen. Ich mag das Setting und wie sehr der Foodtruck tatsächlich eine Rolle spielt, wie viel Planung dort rein fließt, aber Jordan wurde mir nur zusehends unsympathischer und Max konnte das nicht ausbügeln.
Irgendwie der Rest
Ich mag, dass Jordans und Max’s Beziehung verschiedene Typen von Menschen als Attraktiv zeigt – die sportlichen, durchtrainierten Menschen finden im Mainstream viel Aufmerksamkeit und werden als „klassisch schön“ dargestellt, aber Jordan wurde mit seinem schmalen, fast knochigen Körperbau ebenfalls als attraktiv gezeigt. Wie nett genau diese Worte nun waren, kann ich nicht beurteilen, weil ich selbst nie in eine der Kategorien gepasst habe und damit keine Erfahrungen zu Kommentaren und Selbstwertgefühl habe. Jedenfalls kam die Liebesgeschichte zwischen den beiden erst so langsam ins Rollen, als ich abgebrochen habe. Zu Beginn können sich Jordan und Max weniger gut leiden und finden sich tatsächlich sehr nervig. Ich finds sehr gut, dass hier keine Insta-Love vorhanden ist, sondern sich Gefühle erst mit dem näheren Kennenlernen entwickeln.
Zuletzt hat mich auch der Schreibstil nicht so wirklich überzeugt – es wurde die Atmosphäre zwar gut eingefangen und ich konnte mir die Orte alle sehr gut vorstellen, aber ich hatte manchmal Probleme mit der Wortwahl. Ich bin allgemein kein Fan davon wenn z.B. Schimpfwörter wie Bitch für enge Freund:innen verwendet werden und solche Formulierungen kamen mir hier zu oft vor. Auch schienen sich bestimmte Szenen auf unschöne Weise in die Länge zu ziehen, die die Atmosphäre eher unangenehm gefärbt haben, sodass ich mich im Buch nicht mehr wohl fühlte. Max und Jordan haben z.B. nicht groß über Streitpunkte geredet, sondern einfach ausgesessen und all das ungesagte zwischen ihnen hat sich einfach aufgestaut, ich mag sowas einfach gar nicht. Außerdem wurde das Wetter sehr unangenehm beschrieben, gut zwar, aber ich hatte nach einer solchen Szene immer das Bedürfnis kalt zu duschen und mich in einen dunklen Raum einzuschließen. Phoenix ist eben ein verdammt warmer Flecken Erde.
Fazit
Dieses Buch ist für mich völlig nach hinten losgegangen. Ich konnte keine Bindung zu den Figuren aufbauen, die Nebencharaktere waren mir fast alle unsympathisch und das konnten Max und Jordan nicht ausbügeln. Durch den Schreibstil hat sich vieles einfach sehr unangenehm angefühlt und ich musste mich sehr durch die Seiten kämpfen, ehe ich dann aufgegeben habe. Das finde ich wahnsinnig Schade, aber manchmal passt es eben einfach nicht.
übersetzt von: Ralf Schmitz • Verlag: ONE • Format: Paperback, eBook, Hörbuch • Preis: 12,90€ (PB); 4,99€ (ePub); 13,99€ (Hörbuch-Download) • Erscheinungstermin: 27. November 2020 • Link zur Verlagsseite
*Vielen Dank an die Bloggerjury und den Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplares.
Kat @ Bookish Blades meint
Huhu 🙂
Ich kann deine Meinung einfach komplett nachvollziehen. Manche Dinge fand ich nicht ganz so schlimm, aber gerade was die Sprache angeht und auch meine Erwartungen, war ich einfach super enttäuscht. Der Klappentext schaukelt einem irgendwie so einen Feel Good Roman mit ernsteren Themen vor, was das Buch aber einfach nicht ist. Das fand ich ich super schade. Und mit der Sprache bin ich auch oft nicht klargekommen, vor allem wenn man deutlich sehen konnte, was da im Englischen stand. Ich hoffe, dein nächstes Buch gefällt dir wieder besser!
Liebste Grüße
Kat
Friederike meint
Hellooo :D,
du bringst das sehr gut auf den Punkt. Ich hatte von dem Buch einfach was ganz anderes erwartet – solche Vorstellungen kommen ja auch nicht von ungefähr.
Ich drücke mir wegen meines nächsten Buches vom One-Verlag auf jeden Fall selbst ganz doll die Daumen, da möchte ich demnächst Long Distance Playlist lesen und hoffe, dass es mir ähnlich gut gefällt wie What I Like About You. Das habe ich letztes Jahr sehr geliebt. <3
Ganz liebe Grüße an dich zurück und einen guten Start ins neue Semester!
Friederike