Ich melde mich heute wieder mal mit einer Abbruchrezension bei euch. Ich schreibe diese Art Rezensionen tatsächlich nicht besonders gerne, aber wie Yvonne von Seitenglück gesagt hat: Feedback ist Feedback und kann hilfreich sein. Hier also meine Gedanken zu diesem Romantasy-Buch.
Zum Inhalt
Elf Jahre nach der Hinrichtung ihrer Mutter ist Calista – Prinzessin von Dormienta – endlich bereit, Rache an ihrem Vater zu nehmen. Um sich selbst und das Volk von seiner Tyrannei zu befreien, plant sie seinen Tod. Calistas Plan scheint aufzugehen, doch ihr Verbündeter treibt sein eigenes Spiel. Schneller als ihr lieb ist, findet sie sich selbst im Kerker wieder. Die einzige Chance, ihrem neuen Feind zu entkommen, ist eine Verlobung mit dem Prinzen des Nachbarlandes. Dabei fühlt sich Calista längst zu dessen Schwester Dariah hingezogen. Nun muss Calista für die Rettung ihres Volkes alles aufs Spiel setzen, sogar ihr eigenes Glück …
Quelle: Digital Publishers
Harte Figuren
Scherbenkrone ist Band Eins der Ein Königreich aus Rache und Blut-Reihe und man sollte sich diesen Titel auch zu Herzen nehmen, denn zimperlich ist dieses Buch nicht gerade.
Mein größtes Problem des Buches war die Protagonistin, Calista. Ich bin mit ihr leider gar nicht warm geworden, obwohl ich bis zur Hälfte gelesen habe. Sie ist eine wahnsinnig starke Frau, die viel erleiden musste und daran gewachsen ist und hart geworden. Als sie zu Beginn des Buches reingelegt wird, schwört sie Rache und oui-oui-oui, die übt sie auch aus. Sie ist ein moralisch sehr grauer Charakter, trifft viele Entscheidungen die eher ihrem eigenen Rachedurst dienen und nur so halb mit dem Wohlbefinden ihres Volkes gerechtfertigt werden können. An sich finde ich moralisch graue Figuren gut, aber auch wieder schwierig, weil man diese Figuren trotz ihrer Entscheidungen und Fehler sympathisch machen muss, damit der Leser an ihnen hängt und das ist bei mir nicht eingetreten.
Mir persönlich war Calista ein bisschen zu selbstsicher, sie kam mir sehr arrogant vor. Klar, eine harte Schale war in ihrer Situation irgendwo nötig, aber irgendwas hat mir da im Ton einfach nicht gefallen. Ich hätte gerne mehr mit Calista mitgefühlt, aber ich habe den Zugang zu ihrem Charakter einfach nicht gefunden. Sie fällte auch sehr schnell Urteile über andere Menschen und meistens klangen diese eher abwertend. Die weiteren Figuren kamen mir nicht ganz so präsent vor, wie Calista. Sie schienen recht eindimensional, sagten wenig und hatten wenn dann nur eine Motivation. Sie verblassten neben Calistas Stimme regelrecht und ich nehme an, das dieses Ungleichgewicht hat auch dazu beigetragen, dass ich mich weniger wohl in der Geschichte fühlte.
Als dieser jedoch einer sehr unschönen Gewohnheit nachging und den Mund aufmachte, um Wörter herausfallen zu lassen, konnte sie ihn nicht länger ignorieren.
S. 55
Es war aber nicht nur Calista, die mir nicht wirklich sympathisch geworden ist, das traf auf alle anderen Figuren auch zu. Ich will also keinesfalls eine starke Frauenfigur kleinreden, sondern bin einfach allgemein mit den Figuren nicht warm geworden. (Müsste ich einen Vergleich zu Rate ziehen, würde ich sagen, dass Calista mich sehr an Tony Stark erinnert hat – ich aber leider ein Captain-America-Girl bin.)
Wie lieblich und süß man sie auch herrichtete, sie blieb eine Wilde. Eine Königin ob ihres Blutes, aber doch eine Wilde, eine Kriegerin mit eiserner Faust und seit langer Zeit blutendem Herzen.
S.110
Eine weitere wichtige Rolle spielt Mireille, Calistas Freundin, Leibwächterin und Geliebte. Und vielleicht könnt ihr mein Problem mit dieser Beziehung schon sehen – sie war nicht gleichberechtigt. Wann immer Calista sich in der ersten Hälfte des Buches Mireille zugewandt hat, fühlte sich das für mich nicht gut an, als wäre Mireille nur Mittel zum Zweck, obwohl Calista sie zweifellos schätzte. Dass es außerdem eine Befehlskette von Königin zu Leibwächterin gab, war mir auch unangenehm, ich fand, dass sich dieses Machtgefälle auch in den intimeren Szenen zwischen den beiden zeigte. Dass Mireille selber auch kaum was gesagt hat und Calista fast widerstandslos folgt, war bei diesen Umständen auch eher merkwürdig. An sich liebe ich es aber total, dass Calista homosexuell ist, sowas lese ich nämlich leider nur sehr selten.
„Aber Mireille … ich danke dir. Für alle gemeinsamen Momente.“ „Es war mir eine Freude, meine Königin.“
S. 92
Zu guter Letzt möchte ich noch etwas zum Schreibstil sagen. An sich fand ich ihn sehr angenehm, er war wortgewaltig und abwechslungsreich, andererseits war er auch sehr geradlinig. Es wurde immer viel erzählt was Calista gemacht hatte, gezeigt wurde es aber weniger. Ich finde, dass so weniger Schwung in der Handlung vorhanden war und manchmal ermüdeten mich Calistas Lobgesänge auf ihre eigene Genalität und Fähigkeiten auch. Es wurde oft rückblickend von irgendeiner schlauen Handlung gesprochen und wenig gezeigt. Es kam für mich keine wirkliche Spannung auf, weil man jeden Schritt schon von Calista vorgebetet bekam.
Dazu zählt auch, dass die Handlung, die im Klappentext versprochen wird, sich teilweise sehr langsam angeht. Calista landet schnell im Kerker, mit all der Demütigung, die dazu gehört, aber bis zur möglichen Verlobung mit dem Prinzen des Nachbarlandes und dem neuen Love-Interest dauert es einfach und viel passiert zwischendrin. Die erste Hälfte des Buches las sich wie ein sehr langer Prolog, weil ich aufgrund des Klappentextes mit etwas anderem gerechnet habe.
Fazit
Das Buch erzählt von einer starken Frau, die sich gegen das Patriarchat ihres eigenen Landes auflehnt und versucht Dinge wieder ins Lot zu bringen. Ich habe leider keinen Zugang zu den Figuren gefunden und Spannung ist bei mir auch nicht aufgekommen. Der Funke ist einfach nicht übergesprungen.
Scherbenkrone
Verlag: dp Digital Publishers ・ Seiten: 300 ・ Format: eBook ・ Preis: 4,99€ (ePub) ・Erscheinungstermin: 31. Oktober 2019・ Link zur Verlagsseite
*Vielen Dank an den Verlag für die Bereitstellung des digitalen Rezensionsexemplares.
Emmi - Dailythoughtsofbooks meint
Liebe Friederike,
das Cover finde ich sehr schön, aber ich muss gestehen, dass mich der Klappentext nicht so catcht. Ich verstehe sehr gut, warum du solche Rezensionen nicht gerne schreibst, ich habe dabei auch ein leicht mulmiges Gefühl, aber wie Yvonne sagt, Feedback ist Feedback. Das Buch wird jetzt nicht unbedingt auf meiner Wunschliste landen, aber danke für deine schön geschriebene Rezension!
Alles Liebe,
Emmi
Friederike meint
Liebe Emmi,
Danke für deine lieben Worte. Das Cover finde ich auch toll, das Model erinnert mich sehr an Lizzie Saltzman aus Legacies, dem Vampire Diaries Spin-Off. Ich verstehe gut, dass du Abbruchrezensionen nicht magst, jemand Kreativem Feedback zu geben, warum etwas nicht gefallen hat, fühlt sich einfach doof an, aber ich denke, solange man gut formuliert und nicht beleidigend wird, hat es einen positiven Mehrwert.
Ales Liebe zurück
Friederike.