
Dieses Buch geht ja schon seit Herbst letzten Jahres durch aller Munde. Ich kann gar nicht mehr zählen, wie oft die das Cover von Serpent & Dove im englischsprachigen Bookstagram gesehen habe. Der Hype scheint auch in Deutschland angekommen zu sein, weswegen es wohl ganz gut passt, wenn ich meine Rezension jetzt poste. Viel Spaß damit!
Zum Inhalt
Lou ist Diebin, eine Hexe und auf der Flucht. In Cesarine geht sie ihrem Tages- und Nachtgeschäft als Diebin nach, als sie dem Chasseur Reid Diggory begegnet, dem Protegé des Erzbischofs und Kommandant der örtlichen Hexenjäger. Lou weiß genau, dass sie sich von ihm fernhalten muss, aber so einfach ist das nicht, wenn man (Hexen-)Feind Nummer Zwei ist und die Chasseure Jagd auf einen machen. Um sich selbst zu schützen willigt sie nach turbulenten Ereignissen sogar in eine Heirat mit Reid ein …
Ein Feuerwerk an Ereignissen
Der Einstieg in das Buch ging sehr schnell, man wird sofort in das Leben von Lou und ihrer Freundin Coco mitgenommen und muss auch nicht lange auf Action warten. Der Anfang war tatsächlich sehr turbulent, die erste Hälfte des Buches ist an mir vorbei geflogen, weil es spannend und auch sehr, sehr witzig war. Lou ist nicht auf den Mund gefallen, sie kann sehr direkt sein, provoziert gerne und lässt sich ihre Meinung nicht verbieten. Das führt allerdings auch zu heiklen Situationen wie der aufgezwungenen Heirat mit Reid.
Reid selbst kommt im Buch auch zu Wort, seine Perspektive fand ich ziemlich spannend, weil man einen Einblick in die strenge Glaubensgemeinschaft bekommt und weil man natürlich mitverfolgen kann wie Lou und Reid sich einander annähern. Allerdings endet es hier schon, ich fand, dass die Figuren selber eher flach beschrieben wurden, ich hätte mir gerne mehr Tiefe gewünscht und nicht nur die oberflächlichen Vorgänge beschrieben bekommen. Jede Figur schien eine vorherrschende Motivation und Charaktereigenschaft zu haben und darauf wurde sich beschränkt. Die Komplexität, die einem Menschen normalerweise anhaftet fehlte mir hier. Das machte auch das Nachempfinden der Gefühle von Lou und Reid schwer, bei mir kam die Chemie zwischen ihnen nicht ganz an. Irgendwo war dank des Enemies-to-Lovers-Trope klar, wie ihre Beziehung aussehen würde, aber mir fehlte die Tiefe der Gefühle, um sie ihnen wirklich abkaufen zu können.
Der Spannungsbogen selber war aber sehr gut. Im Buch kam kaum Langweile auf, natürlich gab es ruhigere Stellen, aber dort wurde sich dann auf die emotionale Reise der Figuren besonnen. Das Ende hatte es auch nochmal in sich, allgemein kann ich nicht von einer Zimperlichkeit der Autorin schreiben, die Figuren müssen körperlich auch einiges aushalten oder austeilen. Die Handlung wird auch sehr oft von den Figuren initialisiert, Lou brockt sich vielen Mist selbst ein und mit Reids steigendem Interesse an ihren Geheimnissen werden auch mehr Vorgänge in Gang gesetzt. Außerdem hat mir wahnsinnig gut gefallen, wie oft ich überrascht wurde und wie wunderbar alles irgendwie zusammenhing. Viele Sachen waren viel enger miteinander verknüpft, als ich vermutet hatte und ich liebe sowas immer sehr.
Die Welt der Hexen in Game of Gold fand ich ziemlich cool, jede Magie kostete etwas, dass eine Hexe enttarnen könnte. So produziert jede Magie beispielsweise einen bestimmten Geruch, manche Hexen müssen sich Schnitte zufügen um ihre Magie wirken zu können, andere wiederum verlieren an Energie. Ich mag dieses Konzept sehr gerne, dass jede Aktion auch eine Reaktion hervorrief, machte Hexerei nicht unbedingt zu einem allmächtigen Werkzeug, jede Hexerei hat Grenzen.
Der Tod seiner Tochter war eine Warnung: Niemand machte ungestraft Geschäfte auf Kosten der Hexen.
S. 10
Ich hatte im Vorfeld oft gelesen, dass viele Leser sich gerne mehr Magie gewünscht haben, dem kann ich mich nicht anschließen. Bedenkt man die Umstände – Hexenjagd mit folgendem Tod durch Verbrennen & eine starke Stimme der Kirche – ist es logisch, dass Hexerei Nichts ist, dass im Alltag oft vorkommt. Lou selbst hat auch eine ziemlich gute Erklärung für ihren wenigen Gebrauch an Magie. Manchmal hätte ich mir noch ein paar Erklärungen zum Weltenbau allgemein gewünscht, weil zwar mit bekannten Typen und Mustern gespielt wurde, aber ich gerne ein erklärendes ganzes Bild gesehen hätte. Die französisch angehauchte Welt beispielsweise, die sehr an ein mittelalterliches Frankreich erinnerte, dem zugehörige Begriffe wie Dame Blanche („weiße Frau“) und Chasseur („Jäger“). Dennoch scheint die Welt von Belterra eine fiktionale zu sein, obwohl es ein Königshaus Lyon gibt, das wie die gleichnamige existierende Stadt in Frankreich heißt. Manchmal passte das, was man gerade gelernt hat, nicht ganz zu dem, was als nächstes folgte.
Fazit
Game of Gold ist ein rasanter Jugendroman, der manchmal etwas an Tiefe vermisst, sonst aber wunderbar die Zeit vertreiben kann. Ich hatte viel Spaß beim Lesen, habe laut gelacht, wenn Lou etwas unglaublich freches gesagt hat und einfach nicht nach der sexistischen Pfeife der Chasseure tanzen wollte.
Game of Gold
übersetzt von: Peter Klöss・Verlag: Dragonfly・Seiten: 447・Format: Gebunden mit Schutzumschlag, eBook, Hörbuch (exklusiv bei Bookbeat)・Preis: 18,00€ (GB); 13,99€ (ePub)・Erscheinungstermin: 31. Januar 2020・Link zur Verlagsseite
*Vielen Dank an den Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplares.
Hallo Friederike,
oh ja, das Buch ist in aller Munde und auf ganz vielen Kanälen zu sehen.
Ich bin momentan nicht so auf den Hexentrip, aber die Variante, die du beschrieben hats, dass jede Magie auch einen Lohn zollt, gefällt mir. Schade, dass die Charaktertiefe durch einen abwechslungsreichen Plot „leidet“.
Ich glaube, dass ist bei Fantasy oft so. Entweder, der Plot zieht einen von einen ins Nächste oder man gibt sich dem Charakter hin, kommt aber nicht vorwärts. Schwierig und wenige meistern es 🙂
Liebe Grüße
Tina
Hallo Tina,
Hexenbücher stehen allgemein nicht gut da, habe ich das Gefühl, schon seit längerer Zeit. Dabei weiß ich echt nicht woran das liegt, aber seit Harry Potter habe ich keine große Reihe mehr gelesen, wo Hexerei eine Rolle spielt. Schade eigentlich, weil man so viel mit dem Konzept machen kann.
Ich finde, dieses Charaktere oder Plot Problem passt sehr gut auch auf Jugendbücher – bei der High Fantasy, die ich in letzter Zeit gelesen habe, war die Balance immer sehr gut. Das ist es auch, was mich an Jugendbüchern manchmal stört, als würde man den Lesenden nicht beides zutrauen.Aus welchem Grund auch immer.
Aber vielleicht können ja mehr solcher Rezensionen einen Wandel bewirken.
Alles Liebe an dich & bleib gesund
Friederike.