Hat eigentlich irgendjemand nicht auf dieses Buch hingefiebert? Nach meiner anfänglichen Enttäuschung über DKDD2 konnte ich dann doch nicht an mich halten und habe dieses Buch gelesen. Ich fand die Idee so vielversprechend, fand es toll endlich mal zwei riesige Nerds im Buch zu begleiten und etwas über Cosplay und LARP zu lernen. Leider habe ich meine Erwartungen etwas hoch gesetzt und weil ich mich offenbar nicht kurz fassen kann, ist diese Rezension wieder etwas lang geworden.
Zum Inhalt
Cassie und Auri sind seit Jahren beste Freunde und Mitbewohner. Und eigentlich soll es genau so bleiben. Die Freundschaft ist zu gut, um sie für einige kurze Momente der Leidenschaft zu opfern, weswegen Cassie und Auri versuchen ihre Gefühle unter Verschluss zu halten. Wenn man allerdings zusammen wohnt und große gemeinsame Hobbys hat, macht es das sehr schwer.
Eine süße Geschichte
Ein Adjektiv, das mir zu diesem Buch einfällt ist: süß. Dieser Roman strotzt nicht vor großem Drama und dunklen Vergangenheiten, sondern fokussiert sehr auf einer Freundschaft zwischen zwei Menschen. Cassie hat schon länger tiefere Gefühl für Auri, traut sich aber nicht einen Schritt in die Richtung zu gehen, weil sie nicht weiß, ob er ihre Gefühle erwidert. Sein Status als beliebter Football-Spieler macht es ihr zusätzlich schwer, Cassie findet nicht, dass sie in Auris Berühmtheits-Umfeld passt. Dennoch kann sie ihre geheimen Fantasien nicht ersticken und schätzt jeden Moment, den sie mit Auri auf die Couch gekuschelt verbringen kann.
Bisschen mehr Kommunikation, bitte
Wenn ich Cassie mit einem Wort beschreiben müsste, wäre es: Heuchlerin. Ich war einfach kein Fan von ihr. Ich fand es zu Beginn ganz angenehm, das sie ein sehr kopflastiger Mensch ist, der Situationen stark zerdenkt, aber leider wurde das immer schlimmer. Cassie hat immer nur angenommen und danach gehandelt, anstatt, dass sie mal mit Auri ordentlich über ihre Gefühle spricht. Miteinander reden können die beiden eigentlich sehr gut, wenn es um ihre Freundschaft geht sind sie sehr engagiert und kommen bei Problemen schnell zu einer Einigung. Nur der Weg zur Aussprache, der war schwer. Cassie hat in ihrem Kopf die Beziehung zu einer riesigen Sache aufgeblasen, wo SO VIEL gegen sie als Paar gesprochen hat, was aber buchstäblich nur in ihrem Kopf existierte. Keiner aus ihrem Umfeld hätte etwas gegen die Beziehung gehabt (weder Freunde, noch Eltern), es gab keine finsteren Geheimnisse, die eine Beziehung schwer gemacht hätten, gar nichts. In Cassies Kopf aber waren sie und Auri wie Romeo und Julia, wobei sie selber auch die Rolle der Capulets und Montagues eingenommen hat. Cassie hat sich von Anfang an selbst sabotiert, nur um sich dennoch insgeheim zu wünschen, dass da mehr wäre. Und die tiefe Freundschaft, die auch das schlafen im selben Bett und stundenlanges Kuscheln auf dem Sofa beinhaltete, saß mir dann einfach quer im Hals. Ich fand es einfach heuchlerisch von ihr, sich in einem Moment super eng an Auri zu kuscheln und in der nächsten Szene zu denken, dass sie niemals zusammen sein können. Cassies Ängste hatten mir einfach nicht genug Substanz, oder wurden für jemand Außenstehendes nicht gut genug geschildert. Das war schon sehr frustrierend. Wie es Auri geht, darüber denkt sie beispielsweise nie nach, sie ist aber immer sofort stocksauer, wenn er ihr gemeinsames Hobby verleugnet.
Immer mal langsam mit den jungen Pferden
Langsam beschreibt dieses Buch ganz gut. Es ist eine sehr ruhige Geschichte, was man mögen muss und wofür ich offen war. Allerdings sah das so aus, dass die Handlung sich bis zur Hälfte wiederholte. Die unterschiedlichen Situationen lasen sich leider sehr generisch, es war immer dasselbe Schema. Die Figuren haben sich nicht entwickelt, sondern sind nur auf der Stelle getreten. Dafür ging es zum Ende hin umso schneller. Die letzten 50 Seiten waren wieder eine Explosion an Gefühlen und Momenten, alles hat sich aufgestaut, nur um dann auf einmal herein zu brechen. Mich hat das in diesem Buch etwas weniger gestört als bei Someone New, weil ich das Thema des Konflikts nicht ganz so aufbereitungsbedürftig fand. Die Menge an Drama und Zeit, die auf den Konflikt verwendet wurde, fand ich dem Thema angemessen. Dennoch war das Ende sehr fix und dann plötzlich, gab es das Happy End.
Ein bisschen frustrierend finde ich es, dass in diesem Buch so wenig passiert. Es ist unbefriedigend und etwas substanzlos, wie ich finde, die Geschichte, die durch ihre Details besonders werden könnte, las sich etwas lahm. Eigentlich kann ich von dem, was passiert ist, gar nicht so viel kritisieren. Ich kritisiere eher, was nicht passiert ist, falls das für euch Sinn macht. Es las sich wie ein Buch der verschenkten Chancen. Aber das, was man wirklich lesen kann, ist auch nicht wirklich schlecht. Nur eben etwas farblos. Laura Kneidl vorherige New Adult Bücher haben die Messlatte für gesellschaftskritische Themen hoch gelegt und für mich war es schwer zu akzeptieren, das es hier weniger umgesetzt wurde als erwartet.
Merke: Erwartungen sind böse. (Sie auszuschalten ist aber auch nicht einfach.)
Ein bisschen hiervon, ein bisschen davon
Wie auch schon in Someone New werden hier wieder einige Themen angerissen, die eine gewisse Repräsentation fordern. Ich war besonders gespannt auf Auris Erfahrungen als Schwarzer, hatte auf eine gewisse Repräsentation von Rassismus gehofft. Die habe ich so leider nicht gesehen. Es wurde in einer Szene (fast) direkt angesprochen und sonst war es das. Ich verstehe natürlich, wenn eine weiße Autorin sich diese Repräsentation nicht aufbürden möchte, allerdings hätte man den Spieß umdrehen können und stattdessen über weißes Privileg schreiben können. Cassie ist sehr privilegiert und hat sich in diese Richtung gar nicht reflektiert, dabei ist sie seit mehr als zwei Jahren mit Auri befreundet, da kann ich mir einfach nicht vorstellen, dass sie da nicht einmal auf ihre unterschiedlichen Positionen aufmerksam gemacht wurde. Und wenn dann hätte einer der immer-alles-erklärenden-Freunde sie mal darauf hinweisen können. (Julian und Lucien musste Cassie öfter mal mit der Nase auf gewisse Dinge stoßen.)
Cassie selber hat eine ganz gute Repräsentation zu Diabetes bekommen, zumindest so weit ich das als Unbetroffene beurteilen kann. Das Thema wurde kontinuierlich erwähnt, die Vorgänge waren in Cassies Alltag integriert und ich habe von Situationen gelernt, wo ich nie erwartet hätte, dass Diabetes eine Rolle spielen könnte. Besonders gut hat mir der Moment gefallen, wo jemand den Satz „Du siehst aber gar nicht krank aus“ zu Cassie gesagt hat, solchen „Argumenten“ steht man ja öfter gegenüber und ich fand es schön, dass hier mal auf das Problem hingewiesen wurde.
Vom Cosplayen und LARP hätte ich gerne mehr gesehen. Dafür, dass es das große Hobby der beiden Hauptfiguren ist, habe ich wirklich wenig dazu gelesen. Es gab die Convention, die angedeutet wurde, aber mir persönlich kam sie etwas zu kurz und dann kam nur sehr spärlich etwas. Ich kann die Begeisterung für das Hobby nicht nachvollziehen und der Aufhänger, der sich dafür geboten hat, das richtig zu erklären, wurde nicht genutzt. Von LARP sieht man gar nichts, das wurde von beiden irgendwie in den Besenschrank verbannt, nachdem ihre letzte Erfahrung dabei peinlich verlaufen war. Dei gemeinsame Liebe zu Herr der Ringe fand ich ganz nett, aber auch hier wurde nie so wirklich erwähnt, warum sie die Trilogie so toll finden. Mir fehlte das nerdige an den beiden Nerds. Da ziehen dann auch romantisch gemeinte Sprüche nicht, wenn man keinen Plan hat, was genau die Begeisterung hervorruft.
Fazit
Praktisch macht Someone Else wenig falsch und ist ein sehr süßes Buch. Theoretisch hätte man sehr viel mehr heraus holen können und es so zu einer Besonderheit des Genres machen. So laß es sich für mich leider sehr 0815 und gerade am Ende fühlte ich mich nicht zufrieden gestellt.
Someone Else
Verlag: LYX・Seiten: 432・Format: Taschenbuch mit Klappenbroschur, eBook, Hörbuch・Preis: 12,90€ (TB); 9,99€ (ePub); 13,99€ (Audio) ・Erscheinungstermin: 27. Januar 2020・Link zur Verlagsseite
*Vielen Dank an den Verlag, die Lesejury und das Bloggerportal für die Zusendung des Rezensionsexemplares.
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