Dieses Buch geistert bereits seit der Frankfurter Buchmesse 2018 in meinem Hinterkopf herum. Damals wurde es ganz kurz in einer Verlagspreview angeteasert, hatte aber weder ein Cover noch einen aussagekräftigen Klappentext. Direkt nach der Preview habe ich dann die unendlich sympathische Autorin kennengelernt und musste Anfang März einfach wissen, was für ein Buch sie geschrieben hatte. Außderdem finde ich dieses Cover ultracool, es ist schrill und irgendwie zeitlos und das Wortspiel im Titel hat es mir auch angetan.
Darum gehts
Lotti ist Reporterin bei einem Online-Sender und hat den großen Durchbruch noch nicht erreicht. Zwischen Kollegenrangelein und unsympathischen Chefinnen versucht sie ihren Weg zur Krisenreporterin zu bestreiten. Privat läuft es eigentlich ganz gut, Lotti hat einen tollen Freund, eine glückliche Familie und Freunde. Aber irgendwie ist das nicht das Leben, dass sie sich vorgestellt hat.
Meine Meinung
Diese Inhaltszusammenfassung gibt gerade nicht besonders viel her, tatsächlich spricht das Buch aber unseren Zeitgeist auf sehr humorvolle Art an. Während Lotti ihr Leben lebt, begegnet sie immer wieder Momenten, wo sie merkt wie verquer und komisch unsere Gesellschaft gerade ist und niemand den tausend Ansprüchen gerecht werden kann.
Sie will eine gute Freundin sein, dabei aber auch ein erfülltes Leben führen, was mit einem Dauerreisenden Freund gar nicht so einfach ist und wenn er mal da ist, dann ist ihr Zusammenleben eher … gemütlich. Nicht unbedingt das, was frau mit Mitte Zwanzig möchte. In ihrem Job will Lotti glänzen, kann aber nicht die Skrupellosigkeit ihrer Kolleg*innen aufbringen und behandelt Interviewpartner lieber mit Respekt, was bei ihrer Chefin nicht sonderlich gut ankommt. Das könnte sie eventuell einen Karrieresprung kosten, also gar kein Druck.
Und dann gibt es da zu guter Letzt noch all die kleineren, aber einschlägigeren Probleme, die Frauen immer eingeredet werden. Wenn man erfolgreich sein will – im Beruf und in der Liebe – muss man auch so aussehen: Schlank, Sportlich, gut gekleidet und stehts tiptop frisiert. Aber all das unter einen Hut zu bringen ist wahnsinnig schwierig und über kurz oder lang kommt irgendwas zu kurz. In diesem Fall ist es Lotti: Will sie dieses Erfolgs- und Scheinorientierte Leben wirklich leben?
Als ihr überraschend eine Reise nach Rom für ein Interview angeboten wird, sagt sie zu und befindet sich schneller als ihr lieb ist, in einem Strudel aus Ereignisssen wieder, der sie brechen oder berühmt machen könnte.
Das Schöne an dieser Geschichte ist, dass Lotti vollkommen normal ist. Sie ist keine Super-Powerfrau, sondern durchschnittlich. Sie hat einen unbändigen Lockenkopf, was so gar nicht in das aktuelle Schönheitsideal passt, ist nicht unbedingt in Topform, was regelmäßig zu kleinen Unsicherheiten beim Shoppen führt und kämpft mit der ständigen Vergleichsgesellschaft, in der wir leben.
Hinzu kommt, dass die omnipräsenten Werbeplakate von schönen, erfolgreichen Frauen, mir das Gefühl geben, dass mein komplettes Lebensglück vom Kauf der richtigen Jeans abhängt. Richtige Jeans: Traumfrau im Glück. Flasche Jeans: einsamer Loser in der Ecke.
S. 98
Lotti ist eine starke, junge Frau, die oftmals denkt, was wir alle Denken und manchmal den Mut findet, dies auch auszuprechend. Sie wächst im Laufe des Buches, lernt, sich an erster Stelle zu stellen, ohne dabei verletzend oder kalt zu werden. Sie war unglaublich präsent beim Lesen, erzählt mit viel Witz, Charme und einer gewissen Entrüstung über ihr Leben, ohne dabei in ein Klischee abzurutschen.
Gekonnt und mit viel Wortwitz nimmt die Autorin unsere Gesellschaft auf die Schippe, zeigt durch Protagonistin Lotti, wie wahnwitzig wir leben und das man nicht alles erreichen muss, um glücklich zu sein. Darum geht es doch wirklich: Glücklich sein. Und das bedeutet schlicht keinen anderen Ansprüchen, als den eigenen gerecht zu werden.
Eine Sache darf ich nicht unerwähnt lassen: Den Schreibstil. Ich bin ein wirklich großer Fan davon, wie die Autorin schreibt. Selten lese ich von so einem gekonnten, abwechslungsreichen Umgang mit der deutschen Sprache, wie hier. Ich liebe es, dass sie in Alltagssprache schreibt, ohne plump zu wirken. Gekonnt setzt sie Metaphern ein, um ihre Aussagen witzig zu unterstreichen, Wörter wie „Ussl“, „wampe“ und „Trulla“ haben mich oftmals zum Grinsen gebracht und mein Buch häuft sich mit bunt markierten Zitaten, die witzig oder weise sind.
Als wäre mein Narzissmus ein skrupelloser Dealer, der mir eine Gratis-Dosis schenkt, wenn er merkt, dass ich kurz davor bin, meine Sucht zu überwinden.
S. 236
Mein Fazit: Ein Buch, das Spaß macht, eine gute Portion Selbstironie enthält und mit einer starken Protagonistin aufwartet. Wer eine humorvolle Gesellschaftskritik lesen will, ist bei Femme Normale richtig.
Verlag: Piper – Seiten: 280 – Format: Taschenbuch, eBook – Preis: 13,99 (TB); 4,99 (ePub) – Erscheinungstermin: 01. März 2019 – Neugierig?
*Danke an den Verlag und NetGalley für die Bereitstellung eines digitalen Rezensionsexemplars.
[…] Witzig und feministisch. Rezension gibt es hier. […]