Selten habe ich so lange für ein New Adult Buch gebraucht. Das lag zum einen daran, dass ich durch einen Beitrag bei Yvonne sensibilisiert wurde für die allgemeinen Probleme der Reihe, dann war ich auch nicht in der richtigen Stimmung und letztendlich habe ich dieses Buch nur noch mit mir rum geschleppt. Ich bin richtig erleichtert, dass es jetzt vorbei ist, was leider schon eine Menge über das Buch aussagt.
Darum gehts
Scarlett – ehemals Shannon – fängt an der Uni neu an. Die hässlichen Dinge, die gerade bei ihr Zuhause passieren will sie einfach nur vergessen, damit zu tun hat sie eh nichts. Bridger hat ebenfalls ein paar Dinge, die er lieber geheim halten will und ist bei seinen Freunden und Leben auf Abstand gegangen. Als sich aber Scarlett und Bridger anfreunden und bald mehr daraus wird, kümmern sie sich zu sehr umeinander, um die großen Probleme noch geheim halten zu können.
Meine Meinung
Die Geschichte von Bridger und Scarlett wird die letzte sein, ich ich aus der Feder von Sarina Bowen lese. Das klingt dramatisch, erhält mir aber hoffentlich ein paar Nerven und ebnet den Weg für andere NA-Romane.
Die Hauptperson Bridger kennt man bereits aus dem Vorgängerroman The Ivy Years: Bevor wir fallen, er trat da als bester Freund und Partybruder von Adam Hartley auf. Scarlett hingegen ist neu am College und trägt auch den Haupterzählstrang des Buches, da es ihre Geschichte ist, die im Vordergrund steht.
Das Schöne an diesem Buch war, dass sie Beziehung selber sehr unkompliziert war. Bridger und Scarlett haben keinen Hehl aus ihrem Interesse gemacht und so fand man sich als Leser schneller in der Beziehung der beiden wieder, als erwartet. Ich mochte, dass sie so unkompliziert waren und (kleine) Probleme relativ schnell geklärt haben, ihre Unterstützung füreinander war toll. Dennoch erreichen sie recht schnell die Grenze dieses Vertrauens, besonders da Scarlett das „Hässliche“ aus ihrem Leben nicht auf Bridger übertragen möchte. So nobel formuliert das auch ist, verschleiert es doch nur, dass Scarlett vor der Konfrontation davon läuft und sich lieber einredet, sie hätte mit dem Prozess ihres Vaters nichts zu tun.
Darum geht es nämlich: Ein Missbrauchsvorwurf an ihren Vater, einem berühmten Eis Hockey Trainer. Medienaufmerksamkeit, Gerichtsbesuche, Schuldzuweisungen. Daraus bestand Scarletts Leben als sie noch als Shannon bei ihren Eltern wohnte. Die Ungeheuerlichkeit der Vorwürfe und ihr Nichtwissen vertreiben sie von dort, weshalb sie im College neu anfängt.
Bridger hat ein ganz anderes Päckchen zu tragen, das zwar dramatisch formuliert wird, aber sehr schnell an Luft verliert und unterwältigend wird. Ein spannendes Thema wird angeschnitten (Sorgerecht), aber so aufgebauscht, das die – zugegeben schöne Lösung – irgendwie lahm wirkt. Man rechnete die ganze Zeit mit einer großen Schwierigkeit, einem unüberwindbaren Hindernis, das einfach nicht kam. So angenehm das für Bridger auch war, wurde man als Leser vollkommen fehlgeleitet.
Ich falle gleich mit der Tür ins Haus: Mein größtes Problem war der Schreibstil. An sich war er weder besonders detailreich, noch sehr emotionsgeladen, sondern mehr Durchschnitt. Die Autorin hat es allerdings geschafft die Verhältnisse und Stimmungen immer wahnsinnig plump zu formulieren. Bridger – der leider der Leidtragende dieses Schreibstils ist – wird so zum gönnerhaft klingenden Freund mit Befehlscharakter. Eigentlich hat die Autorin auch nichts anderes ausgedrückt, als die tausend anderen NA-Romane in der Welt, aber durch diesen grottigen Schreibstil wirkte alles anmaßend und oberflächlich.
Letztes Jahr um diese Zeit hätte ich die Erstsemestlerinnen noch so gierig gemustert wie ein üppiges Frühstücksbüffet […].
Also, pfui. Zwar drückt dieser Satz genau das aus, was man schon kennt – die Fleischbeschauung vor der Jagd, aber es klingt eben genau wie das – eine Fleischbeschauung, ein Abwägen der besten körperlichen Attribute. Die Art wie es geschrieben wurde gibt dem eine so sexistische Note, dass ich jedes Mal schreien möchte, wenn ich das lese.
Noch ein Beispiel gefällig?
„Bedecke dich, sonst schaffe ich es nicht bis zur Tür.“
In diesem Satz wird so viel Falsches impliziert (Hier die Auflösung: Frau ist Schuld, wenn Mann sich nicht beherrschen kann), es ist zum Ausrasten. Scarletts Antwort nimmt dem zwar die Spitze, aber das sowas überhaupt in einem Buch vorkommen muss, entzieht sich meinem Verständnis. Sorry, aber bäh. Und solche Sätze ziehen sich durch den ganzen Roman. Immerzu muss er sie loben oder „in den Po kneifen“, – was nebenbei weh tut – und auch, wenn Scarlett Widerworte gibt, bleibt der Ton ihrer Beziehung unverändert. Er ist der große Typ, der sie vor allem Unheil schützen will und muss und sie rennt nur davon und sieht gut aus – Besser „sie war zwar keine Granate, aber irgendwie echt anziehend.“ (Pos. 294)
Aus dem Kontext und auch durch Bridgers Sichtweise erschloss sich zwar recht schnell, dass er kein Arschloch ist und vieles einfach nur Falsch rüber kommt, aber gerade als Autorin kann man da ja gegenwirken. Dieses Buch ist ein wunderbares Beispiel dafür, wie Handlung und Intention nicht dargestellt werden sollten – nämlich wie zwei unterschiedliche paar Schuhe – und wie viel Wert man auf eine korrekte Darstellung legen sollte.
Was mich zudem noch genervt hat, war der Konflikt. Bei Scarlet war es speziell, da ihr Vater wegen Kindesmissbrauch vor Gericht steht und anstatt, dass sich Scarlett richtig damit auseinander setzt, ist sie weggelaufen und am Ende hat man alles so gedreht, dass sie sich gar nicht mehr mit dem Problem beschäftigen musste. Dadurch wurde viel Potenzial verschenkt, man hätte diesem Buch eine wunderbar starke Botschaft geben können, aber so wirkte es, als wäre das Navigieren dieses speziellen Feldes zu schwierig, also hat man es einfach sein lassen. Das ist wahnsinnig Schade, weil solche Vorwürfe gerade in letzter Zeit häufiger in den Medien thematisiert werden und indirekt Betroffene, die ihr Bild von geliebten Personen plötzlich überdenken müssen, dort gar nicht erwähnt werden. Die Autorin hätte ein gutes Sprachrohr für genau diese vergessenen/ignorierten Personen sein können, aber hat sich dagegen entschieden. (Und das mit einem so plumpen und vorhersehbaren Twist, das ich da ebenfalls schreien möchte.)
Mich hat The Ivy Years: Was wir verbergen trotz Potential nicht überzeugen können, was einfach nur Schade ist.
übersetzt von: Ralf Schmitz • Verlag: LYX • Seiten: 316 • Format: Taschenbuch mit Klappenbroschur, eBook • Preis: 12,90€ (TB); 9,99€ (ePub) • Erscheinungstermin: 29. Juni 2018 • Neugierig?
Vielen Dank an NetGalley und den Verlag für die Bereitstellung des digitalen Rezensionsexemplares.
Liebe Friederike,
wie immer eine Rezension, die dir schön gelungen ist! Ich habe den Roman im Sommer gelesen und fand ihn da für zwischendurch ganz nett. Man hält halt wirklich keine hochwertige Literatur in den Händen, aus der man viel fürs Leben lernt, das muss man einfach sagen.
Ich fand Bridgers Art auch etwas störend, aber die Art, wie die Figuren auf dem Campus leben und reden, ist mir schon im ersten Band negativ aufgefallen. Die Spitznamen und die plumpe Art sind nichts für Jedermann. Im zweiten Band hat mich besonders das Drama gestört. Ganz ehrlich? Die zwei hätten einfach mal miteinander reden können und all das Drama wäre Geschichte gewesen. In dieser Hinsicht war mir »Was wir verbergen« viel zu unreif und kindisch. Und was mich auch extrem gestört hat, war, dass der vermeintliche Onkel (?) im Nachhinein der Vater von Scarlet war. Das hätte man sich meiner Meinung nach schenken können…
Dennoch hat mir das Buch für zwischendurch gefallen. Auch Band 1 mochte ich gerne. Allerdings wirklich nur zum Berieseln lassen, wenn du weißt, was ich meine 🙂
Alles Liebe,
Janika
Hi,
erstmal Danke für den Kommentar. Deine Rezension ist ja eher positiv ausgefallen und da habe ich mich fast schlecht gefühlt, als mir das Buch nicht so zusagen konnte. Vielleicht liegt es auch an der Übersetzung das mir der Stil so negativ aufgefallen ist, manche Spitznamen klingen auf Deutsch halt einfach doof.
Dieses „ist keine hochwertige Literatur“ stört mich eben zunehmend an dem Genre. Einerseits setzt es so den Wert des Genres herab – was eben negativ auf die Leser*innen zurückfällt – andererseits wird so auch nicht mehr nach Anspruch gesucht. Ich fände es schöner, wenn die Altersgruppe, auf die diese Bücher abzielen, eben nicht nur berieselt werden – obwohl man das ab und zu braucht – sondern Themen die einen eben umtreiben, gut angesprochen und thematisiert werden.
Die Sache mit dem Onkel fand ich auch doof, das war gleich klar als Bridger seine Bemerkung dazu gemacht hat und kindisch trifft Scarletts Verhalten ganz gut, muss ich sagen. (Warum ist mir das nicht beim Tippen eingefallen?)