Lange hat es gedauert, bis dieses Buch endlich in mein Regal wandern konnte. Meine arme örtliche Buchhandlung wurde ungefähr alle 2 Tage besucht und befragt, ob denn meine Bestellung schon da wäre. Zu Beginn des neuen Semesters konnte ich es dann endlich abholen und irgendwie passt das ganz schön, weil ich den Vorgänger 125 Tage Leben am Ende meines letzten Wintersemester gekauft habe.
Darum gehts
Amelia Bloom ist vom College geflogen, frisch von ihrer Freundin getrennt und sucht eigentlich nur eine Bleibe und einen Job. Die Wohnungs- und Jobsuche gestaltet sich allerdings ziemlich schwierig, bis sie dann in Little Springs im Supermarkt Riley begegnet, in dessen WG zufällig noch ein Zimmer frei ist. Schneller als gedacht zieht sie plötzlich in diese bunte Chaos-WG ein und auch, wenn sie gerade nach keiner neuen Beziehung sucht, scheint sie sich Rileys Ausstrahlung nicht entziehen zu können.
Meine Meinung
175 Tage mit dir ist keine direkte Fortsetzung von 125 Tage Leben, da es sich um ein völlig neues Pärchen handelt. Dass es hierbei wieder um eine New Adult Liebesgeschichte geht, sollte damit auch klar sein. Stellt man die beiden Bücher im Regal nebeneinander bemerkt man schon den ersten großen Unterschied – die Länge. 175 Tage mit dir ist – trotz des längeren Handlungszeitraums – um einiges kürzer, was ich allerdings kaum gemerkt habe. Auch in Inhalt und Figuren unterscheidet es sich stark von 125 Tage Leben, aber das ist ja das Tolle an NA-Romanen: Es ist für jeden was dabei.
„Du bist keine Prinzessin Peach, die von Bowser gefangen genommen wird und von Mario gerettet werden muss. Du bist dein eigener Retter und liebst es, Dinge zu erleben.“ – S. 97
Amelia ist eine sehr toughe und geradlinige Protagonistin, die eine Leidenschaft für Automechanik und Lederjacken hat. Ihre offene, unverbloomte (hehe) Art hat mir sehr gut gefallen und hat dafür gesorgt, dass es keine Längen im Buch gab, da alles sofort besprochen wurde. Das Prinzip der Kommunikation wurde hier also – im Gegensatz zu vielen anderen Büchern des Genres – mal angewendet, was nicht nur erfrischend, sondern auch zufrieden stellend war. Wie oft saß man schon stöhnend und frustriert vor einem Buch, weil die Figuren einfach nicht miteinander reden konnten.
Auch Riley schlägt ein bisschen aus der Art des typischen NA-Bad Boys: Er ist nämlich keiner. Riley ist ein absolut lieber Kerl, der sich um seine Freunde sorgt und eine beeindruckende Musiksammlung hat. Etwas gebeutelt von seiner Vergangenheit – aber in einem sinnvollen Maß – trifft er manchmal nicht die klügsten Entscheidungen, aber wer macht das als junger Erwachsener schon? Man möchte ihn einfach knuddeln. Außerdem integriert er die etwas verschlossene Amelia wunderbar in das bunte Leben von Grace und Harper, sodass Amelia ihre Einstellung von „Ich ziehe nur Ärgern an und deswegen darf mich keiner mögen“ überdenken muss.
„Unter den Menschen bin ich die Walze, die jeden unter sich begräbt, der in ihre Nähe kommt.“ – S. 128
Abgesehen von einer simplen und natürlichen Diversität im Buch – so ist Amelia beispielsweise bisexuell und ihre Dads homosexuell – sorgt Amelia mit ihrer spontane Art tatsächlich ab und zu mal für ein bisschen Aufregung. Als das erste Mal etwas passiert ist, war ich schon ein bisschen geschockt – es beinhaltete einen Briefkasten und ein verletztes Herz -, weil ich mich sowas nie trauen würde und es eigentlich auch strafbar ist, tatsächlich hatte es aber eine ausgesprochen positive Wirkung auf eine andere Person. Amelia macht das, was viele sich nur in ihren Tagträumen vorstellen, ohne dabei große Grenzen zu überschreiten.
Das alles wirkt natürlich deswegen so toll, weil Tina Köpke auf diese unvergleichliche Art schreibt. Ihre Protagonistin klingt einfach in jedem Satz durch, es gibt sarkastische Kommentare im Text, schöne Wortkreationen, die den Schreibstil und die Situation auflockern und natürlich dieses ganz besondere Little-Springs-Flair.
Kein Problem, dass du fast mein Trommelfell gesprengt hast. Mach dir deswegen keinen Kopf. – S. 88
Zuletzt möchte ich noch etwas zum Tempo des Buches schreiben. Mit seinen rund 250 Seiten ist es wohl das kürzeste New Adult Buch, das ich je gelesen habe, was man aber eben kaum merkt. Durch irgendeinen geheimen Tina-Zauber ist in diesem Buch mindestens genauso viel Handlung drin, wie in einem 300 bis 400 seitigen NA-Roman, allerdings ohne das entsprechende Drama, dass mit einer solchen Seitenzahl in der Regel einher geht. Durch die bereits erwähnte vorhandene Kommunikation kommen Amelia und Riley recht schnell zum Kern ihrer Beziehung und einzig die Steine, die sie sich selbst in den Weg legen – was hauptsächlich Amelias Job ist -, gefährden ihr Happy End. Ich mochte sehr, wie die Autorin den Kreis geschlossen hat, Ereignisse wurden aufgegriffen und in den neuen Kontext gesetzt, was das Buch schön abgerundet hat. Allerdings muss ich auch sagen, dass mir die Chemie zwischen Riley und Amelia manchmal etwas fix vorkam. Sie haben definitiv Chemie, sie funktionieren toll zusammen und ihre Dialoge haben immer Spaß gemacht, aber manchmal wurde mir zu schnell von einem Ereignis auf das nächste gesprungen, es gab kaum flüssige Überleitungen in die romantischen Situationen. Ich finde, da merkt man die 250 Seiten dann doch etwas; ein, zwei Sätze mehr hätten meiner Meinung nach nicht geschadet.
Ansonsten mag ich das Buch sehr gerne, es werden tolle Botschaften von Unabhängigkeit, Freundschaft und Familie vermittelt, mit all den Höhen und Tiefen die dazu gehören. Tina Köpke schreibt Romane die die perfekte Balance zwischen realistisch und verträumt finden und es macht jedes mal wieder Spaß, diese Bücher aufzuschlagen.
Verlag: Romance Edition • Seiten: 257 • Format: Taschenbuch, eBook • Preis: 12,99€ (TB); 4,99€ (ePub) • Erscheinungstermin: 5. Oktober 2018 • Neugierig?
[…] Der Abschluss der Little Springs Dilogie war wunderschön und (relativ) unkompliziert. Trotz ein paar kleinerer Schwächen habe ich dieses Buch sehr genossen und für mich hat Tina Köpke erneut bewiesen, dass sie auch dieses Genre schreiben kann. Nun bin ich gespannt auf die Werke, die sie für das neue Jahr angekündigt hat. Meine Rezension findet ihr hier. […]