Nach dem absolut fiesen Cliffhanger von Band Eins, A Night of Promises and Blood, war ich ultra gespannt, wie es weiter geht – und habe das Buch fast ein Jahr auf dem SuB gelassen. Im Herbst 2023 habe ich sehr mit meinem Lesen gekämpft, es war einfach zu viel anderes in meinem Kopf los, um mich auf ein Buch konzentrieren zu können. Herbst 2024 sah zwar per se nicht besser aus, aber ich kam besser damit klar und konnte mich im Dezember endlich diesem Buch widmen.
Hierbei handelt es sich um Band Zwei einer Trilogie, es gibt SPOILER für Band Eins. Lesen auf eigene Gefahr!
Zum Inhalt
Sasha wurde von Vampiren entführt und Winnie hat keinerlei Ahnung, wo sie stecken könnte. Ihr mühsam aufgebautes Leben löst sich vor ihren Augen in Luft auf und sie kann sich nicht einmal auf Jo stützen, immerhin hat diese sie erst in diesen Schlamassel reingezogen. Aber die Politik der Vampire gönnen niemandem eine Verschnaufpause und Winnie und Jo müssen sich zusammenraufen, wenn sie eine Chancen haben wollen, Sasha zu retten.
Von Schuld, Verantwortung und Verzweiflung
ANOPAB hatte mich schon mit seiner besonderen Atmosphäre gefesselt und in Band Zwei, ANOSAB, war das nicht anders. Zwar ist die Handlung um Winnie, Jo und Sasha nun um einiges ernster und angespannter, aber der einfühlsame Schreibstil und die Atmosphäre bleiben erhalten und funktionieren auch sehr gut mit dieser neuen Priese Schrecken. Der große Twist von ANOPAB war die Existenz von Vampiren (JO IST EINE VAMPIRIN!11!elf!) – zugegeben, das ist nicht suuuper schockierend, wenn man die Zeichen deuten konnte, aber da ich in meiner Rezension so drum herum getanzt bin, wollte ich es hier einmal deutlich ausschreiben.
Ich mag Anne Pätzolds Version von Vampiren: Irgendwie unauffällig, zurückgenommen und halbwegs gut integriert. Das wirkt auf mich realistisch – oder ich habe einfach zu viel Paranormale Medien in den letzten 10 Jahren konsumiert, um es nicht komisch zu finden. (Ahem, Teen Wolf. Ahem, Vampire Diaries. Ahem, Moonlight.) Die Vampire in diesem Buch verschrumpeln allerdings nicht in der Sonne, haben keine Abneigung gegen Knoblauch und auch sonst folgen sie weniger den Klischeefallen. Außer die Sache mit dem Blut, aber das ist irgendwie selbsterklärend. Ganz ehrlich, mein Highlight ist es, dass die Blutkonserven in Saftpackungen kommen. Ich liebe dieses Detail, es ist so unbedarft und niedlich. Niemand ist misstrauisch einer Saftpackung gegenüber!
Winnie und Jo stehen in diesem Band vor einigen kommunikativen Schwierigkeiten – hauptsächlich, weil Winnie nicht mit Jo reden will, weil sie ihr die Schuld an Sashas Verschwinden gibt. Und auch ein bisschen sich selbst, weil sie die große Schwester ist, die sich einfach immer für alles verantwortlich fühlt (kenne ich), und dann nicht weiß wie sie überhaupt ihren Schmerz und dieses Problem angehen soll. Man kann ja nicht einfach zur Polizei gehen und ein Kidnapping durch Vampire melden. (Oder doch?) Genau das macht Winnie aber, denn zu irgendwas muss es ja gut sein, dass ihr entfremdeter Vater der Polizeichef von New York City ist. Naja, ihr könnt euch vorstellen, wie dieses Treffen gelaufen ist, weswegen Winnie die selten dämliche Idee hat einem potentiellen Vampir-Opfer zu folgen, um hoffentlich Sashas Kidnappern auf die Spur zu kommen.
Das Buch steigt erstaunlich schnell in seine Handlung ein, Band Eins war da noch sehr viel gemächlicher unterwegs, aber in Band Zwei passieren einige Dinge! Ich will nicht schreiben, dass es so rasant geht, dass man kaum Luft holen kann, aber die Geschwindigkeit mit der Dinge passieren, wurde auf jeden Fall angezogen. Durchsetzt ist das ganze jedoch auch von Winnies zunehmender Panik und Stress, was das Erzähltempo ein bisschen entschleunigt, da man tief in Winnies Kopf steckt. Ein wahrlich interessantes Paradoxon beim Lesen!
Im Prinzip ist dieses Buch sehr verkopft, Winnie und Jo machen sich beide viele Sorgen, scheitern daran diese ordentlich einander zu kommunizieren und man darf ihnen durch all diese Sorgenspiralen folgen. Wenn ich das so erzähle klingt das gar nicht so gut, wie es tatsächlich zu lesen ist. Das Schöne an Winnie und Jo ist, dass sie beide völlig normal sind. Sie sind in ihren eigenen Maßstäben „Normalos“ – keine besondere Ausbildung, um mit dieser Art Stress und Konflikt umzugehen; keine Ressourcen oder Sicherheitsnetz, um sie in Krisen aufzufangen. Sie sind auf schmerzhaft vertraute Weise allein, auf sich gestellt. Dazu kommt bei Winnie ein Trauma und ihre mentale Gesundheit, was sie in Krisensituationen in einen Freeze-Modus schickt. Winnie macht sich so viele Sorgen, dass sie in ihrer Panik um Sasha feststeckt und nicht gleich die Kapazitäten hat, das Problem zu lösen. Das fand ich erfrischend und angenehm realistisch, denn wie viele von uns würden in einer Fight-or-Flight-Situation wirklich zum Kampf übergehen können, ganz ohne Training oder Präzedenz. Die Einarbeitung von mentaler Gesundheit ist auch hier wieder nahtlos passiert, ich musste selbst genau hinschauen, um zu sehen, wo Winnies Verhalten von ihrer Depression gesteuert wird.
Von romantischen Gefühlen und Vampirpolitik (ugh)
Jo versucht derweil schlau zu werden aus den widersprüchlichen Infos, die sie bekommt. Sie fühlt sich verantwortlich für Sasha und Winnie, hat romantische Gefühle für Winnie und gibt sich dabei aber auch noch die Schuld an den Ereignissen. Jedoch ist sie nur ein kleines Rädchen in der Organisation und bekommt aus niemandem wirklich hilfreiche Informationen raus – beziehungsweise wird sie immer an den Spielfeldrand geschickt. Jo ist mir in diesem Buch nochmal mehr ans Herz gewachsen, sie ist sie herzzerreißend aufopferungsvoll, auf ruhige Art stark und irgendwie so eine solide Präsenz, an die man sich anlehnen will. Die Beziehung zwischen Winnie und ihr wird in diesem Buch ganz zart, weil sie irgendwo weiter vorne wieder anfangen müssen, sich unter den neuen Begebenheiten nochmal kennenlernen und vertrauen lernen müssen. Die Romance in diesem Buch ist irgendwie zartschmelzend, wärmt ganz langsam von innen heraus und irgendwann ist man als Leser*in so eine verträumte Pfütze auf dem Boden. (Irgendwas zwischen diesen beiden Emojis: 🥹🫠)
Aber nicht nur Winnie und Jo haben in diesem Buch eine Erzählstimme, man liest auch aus Sashas Perspektive. Sasha bei ihrer Transformation zu folgen, fand ich super spannend! Besonders, da mit der Verwandlung alle Erinnerungen an ihr vorheriges Leben ausradiert werden. Zu verfolgen, wie Sasha versucht ihrer Persönlichkeit zusammen zu puzzeln, war schmerzhaft und aufregend zugleich. Diese Perspektive kann nämlich gleichzeitig einen unverstellten Blick auf den Konflikt bieten und ist doch sehr anfällig für Manipulationen, da Sasha buchstäblich nichts hat, womit sie die ihr gegebenen Informationen vergleichen kann. Als Lesende tappt man nicht ganz so stark im Dunkeln wie Sasha, aber man bekommt ebenfalls nicht alle Informationen und ich habe lange Misstrauen für beide Seiten gehegt. Um ehrlich zu sein, habe ich auch mit dem Ende des Buches mich noch nicht wirklich entscheiden können, welche Fraktion ich glaubwürdiger finde, was den Spannungsgrad für Band Drei definitiv anhebt.
Fazit
Ich hatte sehr viel Spaß mit diesem Band! Die Figuren sind vielschichtiger geworden, die Handlung hat angezogen und dennoch hat der Schreibstil nicht an Tiefe verloren. Winnie und Jo erleben ein kleines Karussell an Emotionen und Enthüllungen und als Leser*in steckt man da genauso tief drin wie sie.
Seiten: 352 • Verlag: LYX • Format: Hardcover, eBook, Hörbuch • Preis: 18,00€ (HC); 12,99€ (eBook); 19,99€ (Hörbuch) • Erscheinungstermin: 27. Oktober 2023 • Link zur Verlagsseite
*unbezahlte Werbung, Belegexemplar.
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