Im Oktober war ich eine Woche lang krank und habe die Bettruhe genutzt, um mich durch ein paar Bücher zu lesen. Also eins. Ich habe es geschafft ein Buch zu beenden. Reden wir nicht darüber. Dieses war When the King Falls, dass ich seit Monaten auf meiner FYP auf TikTok habe und eine solide Vampir-Romance zu sein schien. Weswegen ich bei der Signieraktion bei Graff nicht wegschauen konnte und mir eine Ausgabe bestellt habe.
Zum Inhalt
Seit Jahrhunderten herrschen die Vampire mit harter Hand über die Menschheit. Doch im Untergrund hat sich eine Rebellion gebildet. Eine Gruppe von Menschen, die nicht länger bereit ist, diese Unterdrückung hinzunehmen. Auch Florence ist Teil des Widerstands und wurde von Geburt an auf ihre bevorstehende Aufgabe vorbereitet. Mit ihr hat die Rebellion erstmals die Chance, eine Attentäterin ins Crimson Heart, das Schloss des Vampirkönigs, einzuschleusen. An jeder Wintersonnenwende wählt der König eine neue Blutbraut aus, von der er sich nähren wird. Und dieses Jahr gehört Florence zu den Kandidatinnen. Sie soll ihn dazu bringen, sich für sie zu entscheiden, sie zu begehren, ihr zu vertrauen. Und sie wird all das gegen ihn benutzen, um ihn zu töten. Es sei denn, ihr eigenes Herz verrät sie …
Klappentext von endlichkyss.de
paranormale Liebesgeschichte
Die Prämisse des Buches ist simpel: Vampire herrschen in England über die Menschen und ziehen daraus eine Vormachtstellung. Einer Rebellengruppe geht das gegen den Strich und schicken eine Auftragsmörderin, getarnt als Blutbraut, ins Schloss, um den König auszuschalten und die Vampire so zu destabilisieren. So weit, so gut.
Ich finde den Schreibstil wunderbar. Er war flüssig, humorvoll und brachte ein gutes Tempo und ein angemessenes Maß an Emotionen und Drama ein. Ich bin in wenigen Tagen durch dieses Buch gerauscht, was mittlerweile nicht mehr so normal bei mir ist (leider).
Florence Rolle zu verstehen, fiel mir manchmal schwer. Man steckt sehr tief in ihrem Kopf drin, bekommt all ihre Ängste und Sorgen mit, all die Momente, wo sie sich unzulänglich fühlt. Florence unterschätzt sich selbst und wie geeignet sie ist, die Aufgabe als Blutbraut/Auftragsmörderin zu erfüllen, was mich wiederum wundern lässt, ob und wie sie auf die Aufgabe vorbereitet wurde. Gezeigt bekommt man das nicht wirklich, stattdessen tritt Florence Bruder Valerian nur immer wieder als Erinnerung und Mahnung an ihre Aufgabe auf; drängt Florence ihren Auftragsmord in die Tat umzusetzen.
Die Beziehung zwischen Florence und ihrer Familie kam mir auch immer komischer vor, je mehr ich gelesen habe. Man lernt eigentlich nur ihren Bruder Valerian besser kennen, der sich scheinbar mehr um die Mission als um Florence sorgt und ihre ganze Familie scheinen damit zu rechnen, dass Florence die Mission nicht überleben wird. Valerian manipuliert seine Schwester auch sehr offensichtlich immer wieder, während er sie zu überreden versucht ihr Leben für die Rebellion hinzugeben. Die emotionale Erpressung, die Florence teilweise erfährt, fand ich sehr alarmierend. Es widersprach völlig dem Konzept der liebenden Familie, das versucht wurde zu etablieren, beziehungsweise, dem nicht widersprochen wurde.
„Ich muss die Balance finden, zwischen Wahrheit und Lüge, zwischen Florence Hawthorne und der Blutbraut. Nur dass sie sich unweigerlich miteinander vermischen. Und ich habe das ungute Gefühl, als müsste ich mich selbst in Stücke reißen, um diese Balance zu schaffen. In winzig kleine Fetzen, bereit, von ihm verschlungen zu werden.“
S. 267
Die Stärke des Buches ist definitiv die Beziehung zwischen Florence und Benedict, ihre langsam aufblühenden Gefühle waren das Highlight und ich habe mehrmals kichernd mit den Füßen gestrampelt und dumm vor mich hin gegrinst. Florence kommt mit vielen Vorurteilen in Benedicts Leben und während er sein Bestes gibt, um sie respektvoll zu behandeln, sie sieht alles, nur nicht das. Es herrscht eine fast urkomische Fehlkommunikation zwischen den beiden, wo Florence immer wieder das Schrecklichste annimmt und darauf schon reagiert, während Benedict aber etwas ganz anderes meinte. Ihre Kommunikation wird allerdings besser, die Gespräche zwischen ihnen darüber wie Benedict zu seiner Rolle als Vampirkönig steht, waren faszinierend und vielschichtig. Die Umsetzung der Liebesgeschichte ist wirklich gut gelungen, der Gefühlswandel ist nachvollziehbar gestaltet, weil er durch gute Dialoge und Charakterentwicklung gestützt wird. Es ist leicht sich als Lesende gemeinsam mit Florence in Benedict zu verlieben.
typische Romantasy?
Mein wiederkehrendes Problem mit Romantasy zeigte sich auch in diesem Buch: Der etwas oberflächliche Weltenbau. Man bekommt all die Emotionen geliefert, die zu der verstrickten Beziehung zwischen Florence und Benedict dazugehören, und das sehr machtvoll umschrieben. Aber die Taten und Umstände, die unterschiedlichen Positionen, in denen sich die Hauptfiguren befinden stützen, die bleiben aus. Das politische System bleibt neblig, genauso wie die Rebellion, in der Florence aufgewachsen ist. Warum ausgerechnet Florence es sein muss, die den König umbringen soll erschließt sich mir nicht wirklich, da Florence sowohl in ihrer Überzeugung als auch körperlichen Fähigkeiten unvorbereitet und unterlegen erscheint. Die Rolle, die ihr zugeschrieben wird erfordert eine skrupellose Verführerin und gut ausgebildete Kämpferin und beides ist Florence nicht. Beziehungsweise stellt sie es kein einziges Mal im Buch unter Beweis, stattdessen ist sie ein netter Mensch, mit dem man Lachen kann und Freundschaft knüpfen, die sich hoffnungslos in den König verliebt. Ich habe mich mehrmals im Verlauf des Buches gefragt, warum Florence Familie ausgerechnet sie auf diese Mission geschickt haben.
„Ich hielt ihn für ein grausames Monster, und meine Erwartungen waren so gering, dass jedes noch so kleine Anzeichen von Menschlichkeit genügt hätte, um mich zu überraschen. Doch das stimmt nicht. Er beeindruckt mich wirklich. Und es fällt mir von Tag zu Tag schwerer, das zu leugnen.“
S. 240
Kommen wir zu den Vampiren: Ich bin mir nicht ganz sicher welcher Art von Vampir es hier geben soll, sie werden nicht sonderlich detailliert vorgestellt. (Vampire Diaries-Vampire oder Twilight-Vampire? Anne Rice-Vampire oder Bram Stoker-Vampire? Tell me which one!) Florence stellt sie immer wieder als Monster dar, weil sie Menschenblut trinken, aber monströses Verhalten sieht man so gut wie kaum. Abgesehen davon, dass Vampire Blut trinken müssen scheinen sie sich nicht stark von Menschen zu unterscheiden (kein Brutzeln in der Sonne, keine Abneigung gegenüber Essen/Knoblauch …) .
Keine von Florence Aussagen über die Monstrosität der Vampire und ihren Machtmissbrauch wird von Beweisen gestützt, was mich nach einer Weile sehr frustriert hat. Die Handlung spielt fast exklusiv im Schloss des Vampirkönigs, Florence Alltag davor und der eventuelle Kontrast im Lebensstandard der Vampire versus dem der Menschen wird nicht gezeigt. Man soll sich nur auf Florence‘ Aussage verlassen, dass die Vampire die Menschen unterdrücken. Das reicht mir aber leider nicht. So sehr kann ich die Ungläubigkeit der Situation dann auch nicht ignorieren. So wirkte Florence bald wie eine nicht vertrauenswürdige Erzählerin und zusätzlich zu der Gehirnwäsche-ähnlichen Beziehung zur ihren Rebellionsführenden Eltern fing ich an, so ziemlich alles, was ich in dem Buch über das Machtungleichgewicht zwischen Menschen und Vampiren erzählt wird, in Frage zu stellen.
Nachdem ich mich einmal von Florence als vertrauenswürdige Protagonistin getrennt hatte, wuchs ironischerweise die Spannung für mein Empfinden wieder, weil ich eben nicht alles blind glauben wollte, was erzählt wurde und versuchte Ungereimtheiten im Geschehen zu finden, die Florence selbst nur nicht sehen wollte. Dadurch kam das Ende des Buches nicht überraschend für mich, dennoch bin ich gespannt wie es in Band Zwei weitergehen wird.
Fazit
When The King Falls ist ein emotionaler Liebesroman, in dem man sich fallen lassen kann, wenn man nicht zu sehr drüber nachdenkt. Ich hatte wirklich Spaß an der Liebesgeschichte, konnte nur meinen immerzu-Fragen-stellenden-Kopf nicht ausschalten.
Seiten: 416 • Verlag: KYSS / Rowohlt Taschenbuch • Format: Paperback, eBook • Preis: 16,oo€ (PB); 12,99€ (ePub) • Erscheinungstermin: 17. Oktober 2023
Tina meint
Hi Friederike,
ich denke, du bringst sehr gut auf den Punkt, warum mich die Reihe nicht angesprochen hat. Der Background muss eben passend dargestellt sein. Irgendwie hab ich geahnt, dass das bei 2 Bänden (mehr waren es nicht, oder?) eventuell nicht ausreicht.
Ich glaube, ich greife knallhart wieder zu Jay Kristoff Ende Mai. Vampire, aber auf grausame Art mit dicken, fetten Worldbuilding.
Liebe Grüße
Tina
P.S. Auf die Gefahr hin, ein zweischneidiges Schwert zu bringen: Manchmal habe ich auch Lust auf mehr Romance als Fantasy, dann wähle ich bewusst auch solche Lektüre. Ich gebe es zu 😉
Friederike meint
Hi Tina!
Jep, die Reihe ist als Dilogie angelegt. Ich habe auch schon Dilogien gelesen, wo sich Weltenbau und Romance ganz gut wie Waage gehalten haben (so haben so viele Paranormal Romances aus den 2010ern funktioniert) und ich habe die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass das wieder auflebt.
Jay Kristoffs Vampir-Buch schüchtert mich ja ganz krass ein, muss ich gestehen. Aber ich wünsche dir viel Spaß damit, wenn es erscheint.
Haha, ich verstehe das gut mit der Romance vs Fantasy, ich bin nur wirklich schlecht darin geworden abzuschätzen, was ich gerade lesen will.
Liebe Grüße und Danke für deinen Kommentar, auch nach so langer Zeit.
Alles Liebe
Friederike
evilgenius meint
Hey ^^
Oh, WtKF steht schon seit Monaten auf meiner Vielleicht-Liste; da ist es interessant, deine Meinung dazu zu sehen.
Jetzt, da ich mir den Klappentext nochmal durchgelesen habe, fällt mir allerdings auf, dass er stark an Queen of Blood von Jill Myles erinnert, was vor ein paar Jahren aufgrund oder trotz einiger Schwächen 3,5 Sterne von mir bekommen hat. Weshalb ich mich nun unwillkürlich frage, wie WtKF im Vergleich abschneiden würde …
Friederike meint
Hi!
Ich kenne Queen of Blood nicht, aber vom Klappentext her klingt es politischer als WTKF, allein schon wegen der einzelnen Fraktionen, die da genannt werden. WTKF fällt halt wirklich in die Sparte Romantasy, wo es hauptsächlich um die Romance geht mit einer Prise Fantasy. Aber eher so als Ästhetik? Was keinesfalls schlimm ist, Spaß gemacht hat es ja. Kommt halt drauf an, was du dir von dem Buch erwartest, würde ich sagen. Würde aber für den Binge-Effekt und die Romance definitiv eine Empfehlung aussprechen.
Alles Liebe und schön von dir zu hören, auch nach all der Funkstille hier auf dem Blog ^^.
Friederike