Es hat wieder lange genug gedauert, bis ich mich bereit gefühlt habe das nächste Buch in der Weitseher-Reihe anzufangen. Aber im Juli 2020 gab es dann plötzlich kein Halten mehr und ich habe einen ganzen Tag nur gelesen – rund 700 Seiten waren plötzlich weg und dann war es nur noch ein Kinderspiel das Buch zu beenden. Das ist nicht nur an sich schon ein Zeugnis von der Großartigkeit des Buches, es ist auch eine Garantie dafür, dass es nicht langweilig wird in diesem letzten Teil der zweiten Trilogie. Ich habe schon lange keinen so großen Lesemarathon mehr hingelegt und ich freue mich schon auf das nächste Robin Hobb-Buch. Aber zuerst gibt es für euch die Rezension. Viel Spaß!
A C H T U N G ! Diese Buchbesprechung enthält Spoiler für die beiden vorangegangenen Teile der Reihe!
Zum Inhalt
Nach dem Hin und Her der letzten beiden Bände rückt die Heirat von Prinz Pflichtgetreu und der Narcheska Eliannia in greifbare Nähe. Die Reise zum Drachen Eisfeuer, den Pflichtgetreu als Zeichen seiner Liebe erschlagen soll, birgt politische Schwierigkeiten für Fitz, er soll als Katalyst verhindern, dass der Drache stirbt. Zugleich hat der Narr vorausgesehen, dass er auf der Insel Aslevjal sterben wird, weswegen Fitz ihn austrickst, damit er die Reise nicht antreten kann. Aber gegen das Schicksal anzukämpfen ist eine große Aufgabe und einmal mehr steht Fitz einem Übel gegenüber, das er nicht für möglich gehalten hat.
Wer war ich für den weißen Propheten? Ich war sein Katalyst. Ich war der Stein, mit dem er das Rad der Zeit aus der Spur bringen würde.
S. 5
Von weiten Reisen
Im letzten Band der zweiten Weitseher-Trilogie beschäftigt man sich endlich mit der lang erarbeiteten Heirat zwischen Prinz Pflichtgetreu und der Narcheska Eliannia der Fernholmer. Die Queste für den Prinzen wurde ausgesprochen und die ganze Bocksburg bereitet sich darauf vor, den Prinz und ein Gefolge nach Aslevjal zu schicken, der Ort wo der legendäre Drache Eisfeuer leben soll. Fitz muss sich in diesen Momenten entscheiden, wem er seine Treue halten kann und will: Dem Prinzen, der ihm ans Herz gewachsen ist und der sein rechtmäßiger König sein wird oder dem Narren, seinem langjährigen Freund, der verhindern will, dass der Drache Eisfeuer stirbt und bereit ist, dies mit seinem Leben zu verhindern. Genau diesen Drachen soll Pflichtgetreu allerdings als Liebesbezeugnis für Eliannia umbringen, sonst ist die Heirat hinfällig.
Dieses Dilemma stellt Fitz ganz schön auf die Zerreißprobe und er entscheidet sich schlussendlich dafür den Narren zu schützen und nicht mit aufs Schiff nach Aslevjal kommen zu lassen. Der Narr hat vorausgesehen, dass er auf der Insel sterben würde und Fitz ist nicht bereit dieses Risiko einzugehen.
Bevor es nach Aslevjal geht, wird ein Zwischenstop in der Heimat der Narcheska gemacht und man erhält einen ersten Einblick in das Leben der Fernholmer und eine matriarchale Gesellschaft. Dabei stößt Fitz auch auf Hinweise, das nicht alles den Anschein hat, den es gibt und vermutet weit mehr hinter den Motivationen der Fernholmer, als sie bisher verraten haben. Ich fand den Einblick in die Gesellschaft der Fernholmer wahnsinnig spannend, ganz ähnlich wie Fitz. Ich lese so selten von matriarchalen Gesellschaften, dass ich die Repräsentation hier super cool und interessant fand. Fitz Gedanken und Beobachtungen dazu zu lesen war ebenfalls spannend und nochmal ein Anstoß diese Gesellschaftsstruktur zu hinterfragen.
Der eigentliche Teil der Handlung findet allerdings auf Aslevjal statt. Hier laufen wieder alle Handlungsfäden zusammen, die im Buch un der ganzen Trilogie schon gesponnen worden sind, plötzlich ergeben viele kleine Dinge einen Sinn und ein großes Bild aus Motivationen, Hintergedanken und Entscheidungen entsteht, dass es mich beinahe wieder umgehauen hätte, als plötzlich alles zusammenlief. Die Reisegesellschaft besteht aus vielen kleinen Grüppchen, die alle unterschiedliche Interessen an der Reise und der Verbindung von Pflichtgetreu und Eliannia haben und zum Teil verschieben sich diese Interessen und Dynamiken im Laufe des Buches auch, was einfach wahnsinnig spannend zu betrachten war. In diesem Punkt hat Robin Hobb wieder gezeigt wie absolut genial sie schreiben kann und wo ihre Stärke liegt.
Vielleicht war es, wie Dick gesagt hatte: Schlimme Dinge waren an diesem Ort geschehen, und es fühlte sich an, als würden sie noch immer passieren.
S. 435
und von emotionalen Reisen
Der emotional harte Teil des Buches beginnt erst im letzten Drittel. Mein Herz blutet heute noch – mehr als ein Jahr nachdem ich das Buch gelesen habe -, wenn ich daran denke, was Fitz alles durchmachen und aushalten musste. An dieser Stelle ist definitiv eine Warnung für die grafischen Beschreibungen (Folter, körperliche Gewalt, emotionale Gewalt, Menschenopfer) angebracht. Robin Hobb scheucht nicht vor Details zurück und oftmals musste ich das Buch kurz weglegen, um mich selbst zu erden.
Die letzten 300 bis 400 Seiten waren eine emotionale Tortur, aber schlussendlich so belohnend. Mehr will ich auch gar nicht dazu schreiben, weil ich diese emotionale Reise niemandem kaputt machen möchte. Ich sage nur noch so viel: Es kommt sehr viel mehr auf die Leser:innen zu, als man erwartet.
Manche Bindungen kann man nicht durch ein Wort trennen. Manche Bindungen bleiben schlicht bestehen. Und solche Bindungen sind es, die die Welt und die Zeit zusammenhalten.
S. 452
Das Buch fühlt sich auch auf viele Arten wie ein Abschied an, Fitz bekommt die Möglichkeit mit den Fehlern und Personen aufzuräumen, die ihn die letzten zwei Bücher bedrückt haben, er kann einen Schritt nach vorne machen – oder es sein lassen. Gerade dieser Aspekt in „Beschützer der Drachen“ hat es mir schwer gemacht den nächsten Band in die Hand zu nehmen. Ich fürchte mich ein bisschen davor, den Frieden, den einige Figuren gefunden haben zu zerstören, indem ich die letzte Trilogie anfange. Ich bin mir nicht sicher, ob ich eine erneute emotionale Zerstörung aushalten kann und will. *schnief*
Fazit
Ein toller Abschluss für die Reihe, der auf seine ganz eigene Art meine Erwartungen gesprengt hat und ein Ende gefunden hat mit dem ich absolut zufrieden bin. Diese Bücher sind definitiv eine Herzensreihe für mich geworden.
übersetzt von: Rainer Schumacher • Verlag: penhaligon • Seiten: 1120 • Format: Paperback, eBook, Hörbuch Download • Preis: 16,00€ (PB); 9,99€ (ePub); 39,95€ (Hörbuch) • Erscheinungstermin: 17. Dezember 2018 • Link zur Verlagsseite
*Vielen Dank an das Bloggerportal und den Verlag für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplares.
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