Über den Sommer habe ich dieses Buch gelesen, weil ich von der Autorin noch nie etwas gelesen habe und die Verletzung von Avery nur sehr selten in NA-Romanen repräsentiert sehe. Ich habe einige Zeit gebraucht, um durch das Buch zu kommen, warum genau erfahrt ihr in der Rezension.
Zum Inhalt
Avery hat durch einen Autounfall eine Rückenverletzung erlitten, die ihre Karriere als Balletttänzerin beendete. Am College im New York will sie einen Neustart wagen, aber gleich am ersten Tag macht jemand einen abfälligen Kommentar über ihre Verletzung. Theo hat nicht nur eine große Klappe, sondern auch eine Leidenschaft fürs Schwimmen, sein Ziel ist Olympia. Aber Theo schleppt ein furchtbares Geheimnis mit sich herum, dass ihn immer wieder einholt.
Repräsentation
Mich hat an diesem Buch besonders Averys Geschichte und Theos Leidenschaft fürs Schwimmen angesprochen. Avery hat einen schweren Unfall erlitten, der sie in ihrem Leben einschränkt und ich war auf diese Repräsentation gespannt, weil einer engen Freundin von mir etwas ähnliches passiert ist und ich sowas so gut wie nie in Büchern lese, zumindest nicht in Romance. Zu Beginn fand ich die Repräsentation auch sehr gut, es wird über die Einschränkungen und Schmerzen gesprochen, die Hilfestellungen und emotionalen Wunden. Aber nach einigen Kapiteln verschwindet das fast vollständig und nur noch die oberflächliche Narbe ist Gesprächsthema. Ich will nicht verlangen, dass eine Figur über ihre körperliche Leidensgeschichte definiert werden soll, aber wenn diese eine so große Rolle spielt, würde ich das auch gerne im ganzen Buch sehen. Es hat sich einfach wenig mit dem gedeckt, was ich über meine Freundin so mitbekommen habe, was ich etwas Schade fand. Keine Verletzung ähnelt einer anderen, das will ich hier auch gar nicht ausdrücken, aber zumindest die emotionale Belastung hätte ich gerne präsenter im Buch gesehen.
Dafür war der Schwimmaspekt allzeit präsent. Theo will sich nach Olympia schwimmen, er hat das Zeug dazu und arbeitet hart dafür. Glleichzeitig gibt er auch einen Anfängerkurs im Schwimmen am College, den Avery dann besucht, weil das so ziemlich der einzige Sport ist, den sie nach ihrer Verletzung noch ausüben kann und der ihr eventuell sogar beim Heilungsprozess helfen könnte. Avery findet im Laufe des Buches ebenfalls Gefallen an dem Sport und ich fand es schön, wie die tägliche Routine das spiegelte. Ich bin da auf jeden Fall voreingenommen, weil ich selber einige Zeit lang regelmäßig geschwommen bin, aber Wasser habe ich schon immer geliebt und ich lese es sehr, sehr gerne, wenn das in Büchern angesprochen wird. Es ist einfach ein toller Ausgleich zu Uni und Gedankenkarussells.
Figurenentwicklung
Also wenn ich keinen Sport mehr machen könnte, würde ich mich umbringen.“
S. 16
Dieser ausgesprochen unsensible Satz – den ich tatsächlich in einer anderen Form auch schon zu hören bekommen musste – setzt die ganze Hate-to-Love-Beziehung von Avery und Theo in Gang. Avery ist eine sehr starke Person, sie hat Schreckliches erlebt, sich davon aber nicht brechen lassen und kämpft am La Guardia Community College darum, sich in ihrem Leben wieder wohl und erfüllt zu fühlen. Ich finde diese Reise wahnsinnig spannend und beeindruckend, weil es ein großer emotionaler Aufwand ist, den ich ich Avery die meiste Zeit abgekauft habe. Sie kann sehr stur sein, lässt sich nicht schnell von ihren Gefühlen überwältigen und trägt gerade zu Anfang des Buches eine Menge Wut mit sich herum. Ihre Entwicklung fand ich gut, nachvollziehbar, wenn auch an manchen Stellen etwas schnell.
Theo mag zwar wie der große Schwimmstar ohne eine Sorge der Welt erscheinen, aber ihn nimmt ein Ereignis in seinem Leben sehr mit, dass ihn im ganzen Buch verfolgt. Man kann sich sehr schnell denken, was passiert ist, was ich im Nachhinein nicht mehr so schlimm finde, weil es gerade bei dieser Art Geschichten um die emotionale Schwere und Entwicklung geht und nicht um den „Woah, krass“- Moment. Manchmal muss man lernen mit Entscheidungen zu leben und darum ging es in der Entwicklung von Theo. Er hat Momente, wo er ein großer, respektloser Idiot ist, aber er lernt dazu und ist Avery später eine große Stütze.
Die Beziehung von Avery und Theo steht unter keinem guten Stern, zu Beginn gehen sie sich gerne an die Gurgel und Avery blockt Theo grundsätzlich ab, weil sie gerade erst eine schlechte Beziehung hinter sich hat. Mich hat ein wenig irritiert, dass Avery und Theo von Beginn an sehr vertraut miteinander umgehen und Urteile über das Verhalten des anderen mit einer Selbstverständlichkeit fällen, ohne sich wirklich zu kennen. Das passierte hauptsächlich durch Formulierungen, die eine gewisse Nähe suggerierten, was ich sehr unrealistisch fand. Ich konnte diese Vertrautheit nicht nachvollziehen, es las sich manchmal so, als hätte ich eine wichtige Szene verpasst, um die Gespräche zwischen den beiden zu verstehen.
Plottwist des Jahres
Das große Pech dieses Buches ist, dass in 2020 bereits ein, zwei andere sehr populäre Bücher einen ganz ähnlichen Plottwist behandelt haben, hier ist es also leider keine Überraschung mehr und die emotionale Schwere bleibt auf der Strecke. Der Kern des Konflikts ist sehr schnell auszumachen, besonders durch Theos Kapitel, wo viele Hinweise gestreut werden.
Allerdings fand ich auch den Schreibstil an manchen Stellen eher flach, gerade hochemotionale Szenen kamen bei mir gar nicht rüber, Dialoge fühlten sich sehr auf das Wesentliche runter gebrochen an. Averys Entscheidungen fand ich ebenfalls sehr schnell erklärt, manchmal hätte ich ihren Denkprozess gerne noch etwas länger begleitet. Theo hatte seine problematischen, egoistischen Momente, hat aber letztendlich doch einen recht positiven Eindruck auf mich gemacht. Er trifft ein paar schlechte Entscheidungen, aber er steht dazu und Avery kommt ihm da auch entgegen, die ergänzen sich wirklich gut und haben die Bereitschaft aufeinander einzugehen.
Wirklich gut gefallen haben mir die Nebenfiguren, die alle noch eine eigene kleine Handlung hatten, über die ich in kommenden Bänden gerne mehr erfahren möchte. Virginia fand ich besonders spannend, weil sie eine wirklich sympathische Person ist und auch so ziemlich die erste homosexuelle Frau, die ich in New Adult Romance getroffen habe. Ich würde gerne ihre Geschichte lesen. Und Lizzys! Lizzy ist Averys beste Freundin aus Kindertagen und in diesem Buch eine sehr große Stütze für sie und ich fand die Freundschaft großartig. Lizzy hat selber ein Päkchen zu tragen und ich freue mich sehr auf ihr Buch A Fire Bewteen Us.
Fazit
Letztendlich kann An Ocean Between Us mit der emotionalen Tiefe, die in New Adult beliebt geworden ist, nicht so ganz mithalten, hat aber definitiv eine schöne Geschichte für Zwischendurch erzählt, die ein spannendes Dilemma anpackt.
Verlag: Knaur • Seiten: 352 • Format: Taschenbuch, eBook • Preis: 12,99€ (TB); 9,99€ (ePub) • Erscheinungstermin: 27. August 2020 • Link zur Verlagsseite
*Vielen Dank an den Verlag und NetGalley für die Bereitstellung des eBook-Rezensionsexemplares.
Tina meint
Hallöchen Freiderike,
ich hatte das Buch in den letzten Monaten öfter mal in der Hand, aber irgendwie will ich, glaube ich, erstmal was anderes von der Autorin lesen. Mal sehen.
Mich hatte auch die Idee gecatcht, dass es um das Element Wasser geht, dass die Prota an etwas zu knabbern hat, das körperlichen Ursprungs ist und sich durchbeßen muss.
Deine Einschätzung kann ich nachvollziehen. Ein bisschen schade, wie immer, wenn man große Erwartung hat.
Vielleicht holen es die nächsten Bände raus.
Liebe Grüße
Tina
Tina meint
Natürlich Friederike! Sorry für den peinlichen Fehler.
Friederike meint
Hallo Tina,
ich kann gut verstehen, warum du erstmal etwas anderes der Autorin lesen willst. Allerdings ist das mein erstes Buch von ihr, also kann ich leider auch nichts empfehlen. Aber als nächstes lese ich „A Fire between Us“ von ihr, der nächste Band der Reihe, und ich habe bisher nur Gutes zu dem buch gehört. Ich freue mich schon drauf!
Das mit dem Namen ist nicht schlimm, war ja nur ein Buchstabendreher. (Passiert mir auch sooo oft. ^^‘)
Alles Liebe
Friederike