Vortex war ein Buch, dass durch die Instagram-Decke gegangen ist, man hat es überall gesehen, viel Positives gehört und dann ist man entweder mit dem Hype mitgegangen oder hat es sein lassen. Ich habe ein Rezensionsexemplar von Lovelybooks bekommen (Gewinnspiele, yay!) und ganz nach meiner Art bin ich nicht vollends überzeugt.
Zum Inhalt
Elli will unbedingt eine Vortex-Läuferin werden und Splits aufspüren – Menschen, die mit der Natur vermengt wurden. Denn Splits haben damals ihre Mutter umgebracht und nur dank eines Vortex-Läufers hat Elli überlebt. Am Tag des Rennens um die zehn Plätze, um aufgenommen zu werden, gibt Elli alles und dabei passiert ihr etwas, dass es nicht geben kann. Plötzlich steht sie im Mittelpunkt der Gesellschaft und muss die wohlwollenden von den ausnutzenden Menschen unterscheiden lernen.
Eine spannende Welt
Ich gebe zu, als Weltenbau-Fanatikerin war ich von dieser Welt absolut begeistert. Das Buch spielt in der Zukunft, fast 70 Jahre, und der Dreh- und Angelpunkt für die Besonderheit von Ellis Welt, ist das Jahr 2020. Denn dort tauchte ein Phänomen auf, der Ur-Vortex, der alles in der Welt durcheinander brachte und Natur und Mensch und Technik vermengte. Das Resultat ist eine Welt, wo Gebäude mit Pflanzen durchsetzt sein können, Menschen mit Feuer, Wasser, Erde oder Luft vermengt sind und die Elemente mehr oder weniger bändigen können, beziehungsweise zum Leben brauchen. Und dann gibt es noch Vortexe. Vortexe sind wie Strudel aus Zeit und Raum und wenn man sie navigieren kann – wie die Läufer es tun – dann können sie einen innerhalb von Sekunden von einem Ort auf der Welt an einen anderen bringen. Sie treten überall auf, willkürlich und unberechenbar, nur das Kuratorium hat Sensoren entwickelt, die das Auftreten von Vortexen in bestimmten Zonen verhindern. Im Kuratorium werden Forschungen zu Vortexen und Vermengten angestellt, die Vortexläufer ausgebildet und geschult, Verbrecher eingesperrt und die Gravitationssensoren kontrolliert. In jeder großen Metropole gibt es ein Gebäude des Kuratoriums, Ellies liegt in Neu-London. Die Welt selber ist in Zonen aufgeteilt, in denen ein Vortex-freies Leben möglich ist, in einigen solcher Zonen leben auch Vermengte, entfernt von „normalen“ Menschen, damit sie sich nicht gefährden können. Das Kuratorium kommt für die Bedürfnisse seiner Bürger auf und sorgt für die Sicherheit der Welt, denn der Rote Sturm ist eine Terroristengruppe von Zündern (mit Feuer vermengten Menschen), die Angriffe auf Zonen führen.
stereotype Figuren
Figuren tragen den Lesenden durch die Geschichte, wenn es mit den Figuren nicht funktioniert, muss der Schreibstil oder die Idee wirklich, wirklich toll sein, um mich am lesen zu halten. (Ich denke, das gilt auch für viele andere Leser*innen, wenn man eine Figur nicht leiden kann, ist es ganz schwer, sich zum weiterlesen zu motivieren.) Mit Hauptfigur Ellie hatte ich deswegen meine Probleme. An sich ist Ellie eine gewissenhafte, ehrgeizige Person, die aus Überzeugung heraus Gutes tun will, nämlich gefährliche Vermengte einfangen. Sie ist mit dem Außenseiter der Anwärter – Luka – befreundet, der ein Vermengter ist und versucht auf ihre Art ihn vor dem Mobbing zu schützen. Allerdings ist Ellie nicht sonderlich reflektiert, als alles was sie weiß ins Wanken gebracht wird, setzt sie sich damit nicht auseinander, hält weiter an Ideologien fest und hält fast schon Drohreden, die allerdings keine Konsequenzen zu haben scheinen. Ellie war zudem wahnsinnig gefühlsdusselig und hat deswegen oft mehr Schwierigkeiten verursacht, als zu helfen. Sie schien wie die stereotype Protagonistin, die gefühlsgesteuert und unpragmatisch handelt, von der sich die Leserwelt schon vor Jahren differenziert hat, wie ich dachte. Im Gegensatz zu ihr hat der männlich Held nämlich ganz toll abgeschnitten, der immer einen kühlen Kopf bewahren konnte, sich der Probleme und Gefahren seiner Handlungen bewusst war und Ellie natürlich ganz oft retten musste. Ugh. Zusätzlich hat er sie „Barbie“ genannt, ein Spitzname, der mich schon zu kochen bringt, wenn ich nur den Anfangsbuchstaben sehe. (Dieser Spitzname fühlt sich übrigens seit Beginn des Buches eher wie eine Beleidigung an, geht dann aber nahtlos in einen Kosenamen über, aber er wird nie erklärt, der fahle Beigeschmack bleibt also.)
Die restlichen Figuren kommen einem auch sehr bekannt vor, da sind die Nebenfiguren, die Freunde, die fast schon gefährlich sorgenlos sind und für die Ellie sich verantwortlich fühlt, da ist der mysteriöse Fremde, der soo tolle Augen hat und der coole Typ, den Elli schon immer angehimmelt hat und der endlich Interesse an ihr zeigt. Die Figuren waren zwar meist liebenswert, aber sonderlich originell oder speziell ausgearbeitet erschienen sie mir nicht und Ellie Verhalten ging mir irgendwann auf den Keks. Es gibt ein paar tolle Sätze in diesem Buch, Botschaften, die viel Gewicht hatten, bis Ellie eine fixe Entscheidung traf und sie unglaubwürdig erschienen ließ.
Kaum hatte ich den Entschluss gefasst, fühlte ich mich leichter. Entscheidungen zu treffen war nicht meine Aufgabe. Ich hatte dem Willen des Kuratoriums zu folgen. In welcher Form auch immer.
S. 103
Die Handlung an sich war okay, der Anfang war stark und spannend und es hat sich schnell in eine Richtung bewegt, die ich gut fand, nur hat Ellie dann mit ihrem Verhalten vieles kaputt gemacht und ihre Lage nicht gut genutzt. Ich mochte, wie man als aufmerksamer Leser sehen konnte, wie sich die Machtverhältnisse auf den Seiten verschoben haben, dass die Welt nicht so schwarz und weiß ist, wie das Kuratorium gerne vorgibt und es unter den Rebellen auch Menschen mit verschiedenen Zielen und Prioritäten gibt.
Das Ende selber las sich, als würde man Boxen abhaken, damit wurde es aber leider auch nicht spannender oder cleverer. Was mich besonders gestört hat, war, dass sich die Bösewichte etwas unauthentisch gelesen haben, ich konnte Drohungen nicht ernst nehmen, fand Verhalten irrational und lächerlich. Das passte in keinem Maße zu der Bedrohung, die sich anbahnte und für mich kam deswegen keine Spannung auf. Auch hat Ellie sich viel zu leicht manipulieren lassen und hat für meinen Geschmack zu schnell eingelenkt. Da fehlte irgendwie der Kampfgeist, den ich bei einem solchen Buch erwartet hatte. Um ehrlich zu sein, gab es ganz zum Schluss eine Szene, die für mich vieles kaputt gemacht hat und sich voller Inbrunst auf die Klischees um die „Liebe heilt alles“ gestürzt hat. (Falls jemand genauere Einblick in meine Gedanken haben will, bei der Leserunde von Lovelybooks zu dem Buch habe ich bei den Leseabschnitten meine Meinung dagelassen – mit Spoilern – aber ich denke, das könnte ganz interessant sein, wenn jemand das Buch gerade liest oder schon gelesen hat. @Friederike221b)
Fazit
Vortex wartet auf mit einer tollen Welt auf, voller spannender Ideen und Wesen. Leider konnten die Figuren mit diesem Konzept nicht mithalten und der Handlungsbogen zog sich nach hinten in die Länge. Der Autorin ist ebenfalls nicht gelungen Klischeefallen zu entgehen, sodass sich viele Ereignisse bekannt anfühlten.
Vortex: Der Tag, an dem die Welt zerriss
Verlag: Fischer KJB・Seiten: 496・Format: Gebunden ohne Schutzumschlag, eBook・Preis: 17,00€ (GB); 14,99€ (ePub)・Erscheinungstermin: 04. März 2020 ・Link zur Verlagsseite
*Vielen Dank an Lovelybooks und den Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars.
Giulia meint
Hi Frederike
Schade dass es dir nicht gefallen hat. Mir hat das Buch ziemlich gut gefallen, aber wie du geschrieben hast konnte Anna Benning den Klischeefallen nicht entgehen 😉Ausserdem fand ich es regelrecht lustig wie es am Schluss war, da es komplett ins Klischee gefallen ist 😂
Tatsächlich habe ich das Buch nur wegen dem Titel und dem Cover gelesen…
LG Giulia
Friederike meint
Hallo Giulia,
wie viele Bücher ich schon allein wegen des Cover gelesen habe, haha. Umso schöner ist es dann, wenn man wirklich Spaß beim Lesen hat und das ist doch die Hauptsache. Freut mich, dass du mit Vortex deinen Geschmack getroffen hast. Hast du die Reihe denn noch weiterverfolgt? Ich gehe auf Arbeit immer an den nachfolgenden Bänden vorbei und die sehen auch alle so toll aus.
LG Friederike
Tina meint
Liebe Friederike,
am anfang dachte ich noch „Boah, geil, klingt ja besser als gedacht“ – ich bin vom Cover her eher von nem Buch für wirklich jüngere Leser ausgegangen – und nun kommst du mir mit den obligatorischen Stereotypen. Schade.
Sicherlich für zwischendurch ok, aber bei Fantasy kanns gern ein bisschen mehr sein.
Danke für die Rezi.
Liebe Grüße
Tina
Friederike meint
Liebe Tina,
ich verstehe dich gut, wenn du gerne mehr als Stereotypen in Fantasy lesen willst, ich mag das nämlich auch gerne. Insofern war Vortex etwas enttäuschend, das Cover finde ich dann aber wieder relativ passend, gerade bei jüngeren Lesern habe ich oft das Gefühl, dass Stereotype noch hoch im Kurs sind, obwohl ich mir da auch einen Trend zu mehr Abwechslung wünschen würde.
Danke für deinen Kommentar und ein schönes Wochenende.
Alles Liebe
Friederike.
Emmi - Dailythoughtsofbooks meint
Liebe Friederike,
das Buch sehe ich derzeit wirklich überall! Es tümmelt sich dadurch auch auf meiner Wunschliste. Schade, dass es nicht deinen Erwartungen entsprechen konnte, aber du hast Recht, wenn es mit den Figuren nicht klick macht, dann ist es schwierig, konzentriert weiterzulesen. Nach deiner Rezension, die übrigens wie immer toll geschrieben ist, wird „Vortex“ eher noch ein Weilchen länger auf der Wunschliste bleiben.
Alles Liebe,
Emmi
Friederike meint
Liebe Emmi,
ich hoffe, das, wenn du Vortex liest, du doch mehr Spaß mit dem Buch hast als ich. Es freut mich aber, dass du meine Argumente verständlich fandest, ich frage mich auch nach x-vielen Rezensionen immer noch, ob ich da was nachvollziehbares tippe.
Vielen Dank für deine lieben Worte, das freut mich. *-*
Alles Liebe an dich
Friederike.
Janika meint
Liebe Friederike,
schade, dass dich das Buch nicht so sehr überzeugen konnte, wie du es dir gewünscht hast. Ich verstehe deine Argumentation aber und glaube, dass es mir ähnlich gehen würde.
Ich drücke die Daumen, dass deine nächste Lektüre dich mehr überzeugt 🙂
Alles Liebe
Janika
Friederike meint
Liebe Janika,
ich fand es wirklich Schade, aber sowas kommt eben auch vor. Da kommt dann immer der gedanke auf, ob man nicht doch schon zu alt für solche Lektüre ist. ^^‘
Alles Liebe
Friederike.