Die Stimmen um die Flechter-University-Reihe gehen ja sehr auseinander, dennoch haben mich die Überraschungen aus Burning Bridges nicht abhalten können auch Sinking Ships zu lesen. Ich war von der Idee des Good Guy und der etwas tougheren Frau gleich angetan, ich mag es immer gerne, wenn Figuren über ihren eigenen Schatten springen müssen. Ich habe das Buch Mitte Dezember gelesen, als ich Lust auf New Adult hatte und wie schon BB hat mich SiSh total überrascht. Es war wieder komplett anders als erwartet, ich kann einfach gar nicht einschätzen wie Tami Fischer ihre Bücher aufbaut.
Zum Inhalt
Carla Santos kann Mitchell Moore nicht ausstehen, eigentlich kann sie das ganze Schwimmteam nicht leiden. Carla hat Angst vor Wasser und vermeidet alles und jedem, um mit größeren Mengen davon nicht in Kontakt zu kommen. Als ein Gespräch auf einer Party eskaliert und ausgerechnet Mitchell von ihrer Angst erfährt, will Carla am liebsten alles ungeschehen machen. Doch Mitchell macht ihr das Angebot, ihr mit ihrer Angst zu helfen.
Überraschungen in Fletcher
Dieses Buch hat mich immer wieder überrascht. Angefangen hat dies mit den zwei Erzählperspektiven, denn Mitchell hat ebenfalls seine Kapitel bekommen, sodass man die Liebesgeschichte auf beiden Seiten verfolgen kann. Das hat zum Vorteil das niemand nur auf das Love-Interest reduziert wird, Mitchells Geschichte ist genauso wichtig wie Carlas. Allerdings fand ich, dass die Wahrnehmung der Charaktere voneinander sich eher wenig mit dem Bild deckt, dass man durch ihre Perspektive bekommen hat. Wenn Mitchell erzählt kommt der Eindruck des Good Guys sehr stark durch, seine Unsicherheiten, Hingabe zur Familie, moralischen Vorstellungen. Wenn Carla ihn allerdings wahrnimmt, ist er wesentlich cooler, fast schon anmaßend. Bei Carla gibt es ebenfalls eine Tendenz, wo ihre Unsicherheiten von einer scheinbar undurchdringlichen Coolness versteckt werden. Sowas kann es natürlich geben, aber in meinem Kopf entstand durch diese Ungereimtheiten kein klares Bild der Figuren.
Der Untergrund, dem Ches angehörte, kommt in diesem Buch gar nicht vor. Es gibt zwar ein dunkleres Kapitel in Carlas Leben, aber das kommt anders zum tragen, als man erwarten würde, was ich irgendwie mochte. Auf eine gewisse Weise war das Buch dennoch vorhersehbar, es las sich wie ein buntes Süppchen vieler Telenovela-Klischees. Dieser Eindruck wird natürlich durch Carlas mexikanische Wurzeln verstärkt, allerdings bin ich der Meinung, dass die Menge an Drama, die in diesem Buch auftaucht, auch ohne diese Assoziation betrachtet werden kann. Mir war es schlichtweg zu viel Drama, es gab zu viele perfekt passende Momente, wo die Hölle losbrach und die Art und Weise, wie das passierte, fand ich auch völlig übertrieben. Das alte Klischee der (um einen Mann) konkurrierenden Frauen wird aufgegriffen, was ich eher ermüdend und lachhaft fand. Die Art und Weise, wie die dramatischen Szenen gemacht waren, war mir auch viel zu übertrieben, vom „Essen aus dem Mund fallen“ und „sich gegenseitig an den Haaren ziehen“ ist echt alles dabei, Carla und ihre spezielle Feindin wurden echt schnell handgreiflich.
Hoffnung war eine Sache, die man nicht steuern konnte. Sie konnte Menschen dazu treiben, Dinge zu tun, die nicht logisch bis geradezu albern waren.
S. 118
Carlas Abneigung gegen Mitchell, auf der ihre Chemie basiert, ist auch eher schwach begründet. Es wird oft auf Carlas Sprachbarriere geschoben, dass ihre englischen Begründungen auf Spanisch viel logischer klingen würden, aber das reicht mir nicht. Manchmal kann einem das richtige Wort oder Phrase fehlen, klar, aber handfeste Gründe sollte man trotzdem formulieren können. Das ist aber vielleicht für diese Art New-Adult-Roman zu weit gegriffen, denn die sexuelle Spannung zwischen ihnen macht ihre Beziehung aus. Und Mitchells unfehlbares Talent ungewollt in Carlas Leben einzudringen.
Familiendynamiken
Was ich auch an BB schon mochte, war, wie Familie gezeigt wurde. Es gibt sie und meist sind es auch anständige Familien, was ich nur noch selten lese. Carla kümmert sich viel um ihre beiden jüngeren Brüder, was ich an sich nett finde, allerdings geht bei mir die innere große Schwester in Alarmbereitschaft, wenn sie liest, wie Carla ihre Brüder manchmal mit Schimpfwörtern bedenkt, auch wenn diese vielleicht in einem liebevollen Kontext stehen sollen. Durch ihre Nebenjobs und die Uni ist sie zusätzlich gestresst und betrachtet ihre Brüder öfter als eine Bürde, was ihre Beziehung belastet. Ich verstehe das natürlich, meine Geschwister und ich haben ebenfalls mal Probleme und Streitereien, aber Carla sieht sich als die Erziehungsberechtigte ihrer Brüder und da finde ich ihren Umgang nicht richtig. (Ich maße mir an, das zu schreiben, weil ich fast denselben Altersabstand zu meinen Geschwistern habe wie Carla zu ihren und auch schon über etwas längere Zeit Verantwortung für sie tragen musste.)
Mitchells Familie kennt man durch Savannah schon etwas und gerade sie ist ihm besonders wichtig, weswegen er auch ein entferntes College nicht besuchen wollte. Savannahs mentale Gesundheit ist ihm sehr wichtig und den Druck, den ihre Eltern auf die Geschwister ausüben, belastet sie beide. Die Familie Moore ist etwas privilegierter, hat aber auch andere Abgründe, die wieder leicht ins Klischee abrutschen. Leider wird dieses Klischee auch durch den Schreibstil nicht entkräftet, er füttert eher hinein.
Manchmal musste man eben Opfer bringen, wenn man einen Menschen liebte.
S. 340
Mitchells Leidenschaft fürs Schwimmen war eine der Dinge, die mich direkt zu dem Buch gezogen haben. Ich liebe Schwimmen, habe ebenfalls einen Rettungsschwimmer – wie Mitchell – und freute mich auf ein Buch wo mein Hobby Bedeutung bekommt. Es wird zwar immer erwähnt, wie toll Mitchell Schwimmen findet und wie erfolgreich er damit ist, aber abgekauft habe ich ihm das nicht. Für mich hätte es mehr show-don’t-tell geben sollen. Carlas Angst vor Wasser kann ich natürlich nicht beurteilen und ich weiß auch nicht inwieweit Mitchells Methoden wirklich helfen können, aber ich fand es recht logisch. Es geht nicht zu schnell, es gibt auch Rückschläge und Carlas Angst wird auch nicht durch magischen Sex oder Liebe geheilt.
Fazit
Ich habe zwar an so ziemlich jedem Aspekt des Buches was auszusetzen, aber das liegt daran, dass es mir zu sehr die Klischeebombe war, etwas too much. Es ist keinenfalls schlecht, nur wieder etwas realitätsfern, wie Burning Bridges schon. Man sollte also wieder wissen, worauf man sich einlässt und dann vielleicht noch eine Prise Klischee/Drama obendrauf setzen.
Sinking Ships
Verlag: Knaur・Seiten: 381・Format: Taschenbuch mit Klappenbroschur, eBook・Preis: 12,99€ (TB); 9,99€ (ePub)・Erscheinungstermin: 04. November 2019・Link zur Verlagsseite
*Vielen Dank an den Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplares.
[…] Band zwei der Fletcher-University-Reihe war etwas ganz anderes als Band eins, was mich gleichermaßen überrascht, aber auch etwas enttäuscht hat. Man kann argumentieren, dass die Handlung weniger weit hergeholt klingt, allerdings bin ich immer skeptisch bei der Art von Drama, die es hier gab, also war das auch nicht so wirklich mein Ding. Ob ich Hiding Hurricanes nun lesen werde, hängt wirklich von meiner Stimmung ab. Rezension ist schon online. […]