Wie dieses Buch in mein Leben kam, konnte wohl jeder auf Instagram sehen, der wollte. Ich hatte das Buch bereits auf meine mentale Want-to-Read Liste gesetzt und es dann tatsächlich so schnell lesen zu können, war fantastisch. Ich merke gerade wieder, dass ich Bücher, die ich lesen will, nicht hinten an stellen sollte, sonst lese ich sie nie. Ich muss mich meinen Lesestimmungsschwankungen wohl beugen.
Zum Inhalt
Mila reist nach dem Tod ihrer Mutter nach Prag, wo sie aufgewachsen ist. Sie sucht nach ihren Wurzeln, um die Tiefe ihres Fluch zu ergründen. Denn Mila kann sehen, wenn ein Mensch sterben wird, sie sehen für sie dann grau aus. Aber eine solche Macht weckt andere Mächte und bald hat sie die Aufmerksamkeit von zwei Vertretern einer Gruppe Wesen, die das Gleichgewicht der Welt bewahren. Aber Mila stört dieses Gleichgewicht …
Meine Meinung
Ich hatte noch kein Buch von Ava Reed gelesen und habe immer nur von ihrem tollen Schreibstil und emotionalen Themen gehört. Tatsächlich war es dann ihr Schreibstil, der mich zuerst überzeugte. Ich habe mich durch ihre Beschreibung in das Setting Prag total verliebt, sie hat die Atmosphäre wunderbar eingefangen und beschrieben.
Mit den Lichtern bahnte sich Stück für Stück die Dunkelheit ihren Weg in die Stadt. Unbarmherzig und lautlos zwang sie den Tag in die Knie und forderte nun Raum für sich. Die Häuser erstrahlten in Sepiatönen, die Farben entglitten ihnen, ohne trostlos zu wirken. Das Gelb der Gaslaternen wirkte, als wäre es aus einer anderen Zeit, und hüllte Prag in Ewigkeit ein.
S. 53
Der Konflikt des Buches hat sich zu meiner Überraschung und Freude als komplexer heraus gestellt, als erwartet. Die Aufmachung der beiden Seiten der Ewigen, Wesen, die das Gleichgewicht der Welt halten, ist weniger stereotypisch als man annehmen möchte. Mir gefiel es sehr, wie mit den Grauzonen gespielt wurde, dass es wichtig war, jede Entscheidung nochmal abzuwägen, egal auf welcher Seite man steht.
Es gibt Licht und Dunkelheit und es gibt Gut und Böse. Beides ist nicht dasselbe. Licht bedeutet nicht gut und dunkel nicht gleich böse.
S. 211
Dennoch war die Darstellung der Figuren nicht sonderlich komplex aufgebaut gewesen. Dialog und Auftreten waren sehr präzise, das nahm dem Mysterium etwas weg. Ich musste nicht lange Rätseln, wer andere Absichten hatte, als er vorgab. Man begegnete nicht direkt Stereotypen, aber es gab definitiv Typen. Jede Handlung, wörtliche Rede und sogar das Erscheinungsbild war so auf den Punkt gebracht, dass man sofort einen guten Eindruck von der Figur bekam. Abgesehen von den beiden anderen Protagonisten des Buches, gab es meiner Meinung nach aber leider wenig ernst zu nehmende Figuren. Ich fand es sehr ermüdend, dass einige der Nebenfiguren mehr als Witzfiguren auftraten, so entstand der Eindruck, dass von diesen sehr alten, sehr mächtigen Wesen tatsächlich nur eine Handvoll kompetent war und der Rest offenbar mit einer Blindheit geschlagen, die in krassem Kontrast zur Reputation der Ewigen steht. Das fand ich etwas schade, weil es den Fokus sofort auf eine bestimmte Gruppe von Figuren lenkt und das Potential der anderen Figuren hintenangestellt wurde.
Die Handlung und großen Fragen, die man von Beginn hat hat, wurden erst in der zweiten Hälfte des Buches angeschnitten. Die erste Hälfte wurde darauf verwendet, die Figuren vorzustellen, Sympathien zu wecken und das Setting zu genießen. Ich habe mir – mal wieder – ein bisschen mehr Worldbuilding gewünscht. Es wird vieles angerissen und angedeutet, aber erneut fand ich mich den vagen Andeutungen gegenüber, bei denen ich mir wünsche, dass man den Lesenden etwas mehr Kompetenz zutraut. Milas Gabe allerdings fand ich recht spannend. Es wird ein bisschen angedeutet, dass ihre Fähigkeit nicht ganz so einfach zu betrachten ist, dass sie sehr viel mehr kann, als nur zu sehen, dass eine Person bald sterben wird. Mila selber will natürlich wissen, warum sie Zeuge von etwas so schrecklichem werden kann und ich bin schon gespannt auf die vollständige Antwort darauf.
Sie würde noch viel Graue auf ihrer Suche treffen. Sie wollte sie nicht sehen. Etwas Furchtbares zu wissen, ohne etwas daran ändern zu können, machte es zu einem Fluch.
S. 81
Die beiden männlichen Figuren, die in einem Atemzug mit Mila vorgestellt wurden, sprechen ein paar Typen an, die es in der Jugendliteratur aktuell häufiger gibt. Das war für mich kein großes Problem, weil ich einfach keine Bindung zu ihnen herstellen konnte. Sie blieben erstaunlich flach, dafür, dass Mila wohl sehr schnell vertrauen zu ihnen fast. Zum Ende hin haben sie dann beide aus unterschiedlichen Grünen meine spärliche Sympathie verloren. Besonders hat mich gestört, wie besitzergreifend eine Figur war, das hat für mich eine Grenze in Sachen Selbstbestimmung überschritten.
Der Schreibstil hat vieles von meinen Problemen mit dem Buch ausgeglichen, Ava Reed hat ein schönes Talent für Worte, aber so schön manche Zitate auch sind, fand ich sie manchmal etwas leer, weil einfach nicht genug Handlung und Hintergrundgeschichte sie stützen konnte. Es gibt so viele gute Ansätze in diesem Buch, es ist sehr nachdenklich, was ich wirklich, wirklich mochte. Für mich hat nur ein bisschen Substanz gefehlt, um alles abzurunden.
Eine Sache konnte richtig sein, bis man den einen fand, dem sie schadete oder den sie verletzte. Machte das aus einer richtigen nicht eine falsche?
S. 217
Fazit
Ich hatte mir von Ashes & Souls nicht allzu viel versprochen, weil es mein erstes Buch der Autorin war. Der Schreibstil konnte mich aber sofort überzeugen und die schöne Beschreibung des Settings ebenfalls. Die Figuren waren mir leider nicht vielschichtig genug, deswegen ich hoffe, dass es im zweiten Teil besser wird.
Ashes and Souls: Schwingen aus Rauch und Gold
Verlag: Loewe ┃Seiten: 382 ┃Format: Gebunden mit Schutzumschlag, eBook ┃Preis: 18,95€ (GB); 14,99€ (ePub) ┃Erscheinungstermin: 18. September 2019 ┃Link zur Verlagsseite
*Herzlichen Dank an den Verlag und die Autorin für die unangefragte Zusendung eines personalisierten Exemplares.
Tina meint
Hallo Friederike,
Avas Schreibstil ist wirklich toll, ich mag ihre Jugendbücher sehr, da sie einen emotional abholen. Allerdings habe ich noch kein fantasybuch von ihr gelesen und wie es scheint, kratzt Ava an einigen Stellen nur an der oberfläche. Schade. ihr ist eindeutig mehr zuzutrauen.
Danke für die Rezi.
Liebe Grüße
Tina
Friederike meint
Hallo Tina!
Ich habe mich auch ganz schlecht gefühlt, als ich die Rezension getippt habe, eben weil ich so viel Gutes von Ava gehört habe. Ich fühlte mich ein bisschen die die Quotenmeckertante, aber meinen Eindruck kann ich einfach nicht ändern.
Ich würde dir aber schon empfehlen es zumindest mal anzulesen, ich glaube langsam, dass mich nur noch selten ein Jugendbuch absolut überzeugen wird, weil ich aus der „erwachsenen“ Fantasy so hohe Ansprüche übernommen habe. ^^‘
Danke für deinen schönen Kommentar und liebe Grüße an dich.
Friederike