Phuu, als ich das Buch begonnen habe, dachte ich nicht, dass ich damit so kämpfen würde. Die Autorin wird von deutschen Fantasy-Lesern sehr hoch gelobt und ich hatte so gehofft, dass ich mich diesen Lobeshymnen anschließen könnte und eine neue Lieblingsautorin finden. Das war leider nicht ganz so der Fall, wie man sich vielleicht denken kann.
Darum gehts
Revyn weiß nicht, wie ihm geschieht, als sein Leben sich von furchtbar zu gut verändert und das nur, weil er einen Drachen gestohlen hat und dem Militär beitrat. Als Drachenzähmer führt er der Armee ihre Reittiere zu, doch das gestaltet sich zunehmend schwieriger, weil Drachen verschwinden und eine Elfe offenbar alles daran setzt, die noch existierenden Drachen in die Wildnis zu holen. Als Revyn und die Elfe sich begegnen treffen die Komponenten einer Prophezeiung aufeinander, die das Schicksal der Welt formen und verändern werden.
Meine Meinung
Aber am Besten fange ich mal mit den guten Aspekten an: Jenny-Mai Nuyen kann schreiben. Ziemlich gut. Der Stil des Buches episch, ruhig, zurückgenommen, dabei wurde eine so atemberaubende Atmosphäre kreiert, dass ich sofort davon ergriffen wurde, sobald ich es aufschlug. Der Ton des Buches war sehr schwermütig, fast traurig und hoffnungslos. Es ist keine schöne oder leichte Geschichte, die erzählt wird und das drückt von Anfang an die Stimmung. Dass es so hoffnungslos wirkt, ist per se nicht schlimm, hat sich aber nach 300 Seiten als ziemliches Hindernis für meine Lesemotivation heraus gestellt. Wenn es fröhlichere Stellen gab, so habe ich diese nicht wahrgenommen, weil das Damoklesschwert einfach immer spürbar war.
Was mich zuerst an diesem Buch beeindruckt hat, war, das die typischen Fantasyrollen zu Beginn umgedreht waren. Drachen waren keine mythischen Wesen, sondern Nutztiere; Elfen waren verhasst und wurden wie Abschaum und Hexenwerk behandelt. Das sind keine positiven Rollenbilder, aber eben ein Kontrast zu dem, was man aus großen Fantasy-Epen so kennt. Im Laufe der Handlung lernt man dann entsprechend mehr über die Völker und Umstände und einige Darstellungen werden revidiert. Damit hatte ich nicht gerechnet und es hat Spaß gemacht zu lesen, wie großartig die Autorin die Wahrnehmung manipulieren und umdrehen konnte.
Man folgt den Geschehnissen durch 4 Figuren: Ardhes, Alasar, Revyn und Yelanah. Da gibt es Alasar, der sich in der Stunde der Not in einer Führerposition wiederfindet und versucht sein Volk am Leben zu erhalten. Und Revyn, der Junge, der eher von einem Geschehnis ins Nächste stolpert, ohne das zu wollen oder eine Ahnung zu haben, was los ist. Ardhes ist die Prinzessin, die sich an ihr Schicksal klammert und darauf wartet, anstatt selbst aktiv zu werden und Yelanah ist eine Außenseiterin mit einer großen Verantwortung. Gleich zu Anfang wird erklärt, dass das Schicksal der Welt und nahen Zukunft durch diese vier Figuren beeinflusst werden wird, auch wenn es eine ganze Weile dauert, bis sich eine verknüpfende Handlung bildet. Das sollte man beim Lesen im Hinterkopf behalten, weil die Handlung der Figuren sehr lange Zeit wahnsinnig ziellos wirkt und ich die Hälfte des Buches eher als langen Prolog empfand, als eine tatsächlich relevante Geschichte. Die Autorin hat sich viel Zeit für die Hintergründe und Wege der Figuren genommen, damit im letzten Drittel alles Sinn ergibt und man die Entscheidungen nachvollziehen kann, die getroffen werden.
Da hakte es für mich leider schon. Obwohl ich so viel über die Figuren gelesen und gelernt habe, waren sie trotzdem nicht greifbar geworden. Ich fand, dass der Schreibstil den Leser eher auf Distanz hielt, es gab kaum Möglichkeiten einen inneren Kampf einer Figur, oder allgemein ihre Gedanken, nachzuvollziehen. Das hat die Entwicklung und Motive leider sehr flach gehalten. Obwohl es große Ziele und Verstrickungen gab, blieben die Figuren sehr stereotypisch und unnahbar. Die so spannend aufgezogenen Figuren blieben ihr Potential schuldig und konnten mich einfach nicht überzeugen.
Die Handlung als solche dreht sich eigentlich nur um den Krieg. Der Krieg zwischen den Reichen Haradon und Myrdhan und den Völkern, die darin gefangen sind. Durch die Figuren hat man sehr unterschiedliche Perspektiven auf den Krieg und wie er eine Person beeinflussen kann. Es Ich fand es gut und spannend, das Krieg hier in all seiner Grausamkeit dargestellt wurde und man als Leser nie das Gefühl bekam, dass er romantisiert wird. Der Krieg hat für jede einzelne Figur etwas Schlechtes bedeutet, wie sie damit umzugehen pflegten, zeigte ihre wahre Natur.
Wie bereits genannt, ist dieses Buch kein glücklich machendes, auch das Ende ist traurig und hart, hat mich aber eben weniger berührt, weil ich für kaum jemanden mitgefühlt habe. (Ich gefühlloser Klotz, jaja.) Ich mochte allerdings, wie schonungslos die Autorin das Ende geschrieben hat, es hat die Längen aus der Mitte des Buches ein bisschen aufgewertet und die Interpretation, die dadurch offen gelegt wurde, fand ich sehr spannend. Im Fazit kann ich nur sagen, dass die epischen Vorraussetzungen von den Figuren verschenkt wurden, ich ohne ihre Stimmen einfach nicht in das Buch rein kam und die konfliktreiche Handlung ihr Potential nicht entfalten konnte.
Das Drachentor
Verlag: cbj – Seiten: 573 – Format: Taschenbuch, eBook – Preis: 9,99 Euro (TB); 9,99 Euro (ePup) – Erscheinungstermin (Neuauflage): 11. März 2019 – Link zur Verlagsseite
*Vielen Dank an der Bloggerportal und den Verlag für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplar.
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