Tanja Voosen gehört schon lange zu meinen Komfort-Autorinnen. Gefunden habe ich ihre Bücher damals, als ich meinen ersten eReader bekommen habe und nächtelang durch eBook-Angebote gestöbert habe. Emily Lives Loudly, Sommerflüstern und Kein Kuss wie dieser landeten in meiner Bibliothek und haben mich durch meine Teenagerphasen begleitet. Als sie letztes Jahr ein neues Buch bei heyne fliegt veröffentlichte, war ich weniger interessiert, weil ich dachte, dass ich genug von Jugendbüchern hatte und mich nur noch New Adult zufrieden stellen konnte. Haha. Weit gefehlt. Dieses Sommer habe ich endlich My First Love gelesen und ich war sehr begeistert.
Darum gehts
Cassidys Schlussmach-Service ist eigentlich mehr aus Zufall entstanden, aber es gibt offenbar eine Menge unglücklicher Beziehungen an Cassidys Schule, weswegen sie selten Nein sagt, wenn jemand sie um Hilfe bittet. Ihre erste erfolgreich beendete Beziehung war aber ausgerechnet die von Colton, was er ihr seitdem nachträgt und auch keine Chance auslässt, ihr unter die Nase zu reiben, wie verwerflich er ihr Tun findet. Davon lässt Cassidy sich aber nicht einschüchtern und sagt schlussendlich zu, als er sie herausfordert doch mal eine Beziehung einzuleiten, anstatt eine zu beenden.
Meine Meinung
Cassidy Caster ist eine typische Tanja-Voosen-Protagonistin: Etwas ausgeflippt, eigensinnig, eine tolle Freundin und in der Blüte ihrer Teenagerjahre. Ich habe mich sofort zuhause gefühlt, als Cassidy begann zu erzählen. Und zu erzählen. Und zu erzählen. Cassidy erzählte wirklich viel die ersten 100 Seiten. Insgesamt hat Cassidy mehr erzählt, als tatsächlich passiert ist, für mich fühlte es sich zwar nicht nach Info-Dumping an, weil Tanja Voosen einfach zu gut schreibt, aber es machte mir den Einstieg in das Buch doch recht schwer. Ich wollte nicht innerhalb von 200 Seiten alles wissenswerte über Cassidys Familie, die Newfort High, ihre beste Freundin Lorn und den Schlussmach-Service lernen. Es war demotivierend, immer nur von Dingen in der Vergangenheit zu lernen und so habe ich im Schnitt genauso viel Lesezeit für den Einstieg in das Buch gebraucht, wie für den ganzen Rest der Geschichte. Ab einem gewissen Punkt nimmt die Handlung dann durchaus Fahrt auf, aber bis dahin hat es für mich etwas zu lange gedauert.
Zu dem etwas zähen Einstieg hat auch der Klappentext beigetragen, denn es dauerte ewig bis man zur versprochenen Wette zwischen Cassidy und Colton kam. Die Handlung trat bis dahin ziemlich auf der Stelle, auch wenn es witzig erzählt war. Eine Sache, die mich am lesen gehalten hat, waren die unterschiedlichen Themen, die angesprochen wurden. Cassidy ist eben ein typischer Teenager, da beschäftigen sie mehr Dinge in ihrem Leben, als nur die erste große Liebe und das fand ich toll. Es wurden ein paar Nebenhandlungen mit einer Tiefe geschrieben, die ich so nicht erwartet hatte und es war wunderschön und bestärkend zu lesen, dass Cassidys Freundschaft zu Lorn genauso wichtig, wenn nicht wichtiger war, als ihr verliebt sein. Freunde und Familie verschwinden nicht, sobald Cassidy sich über ihre Gefühle klar wird, sondern sind die Punkte, die sie erden.
Auch der Schlussmach-Service ist nicht halb so abgedroschen, wie es klingen mag. Denn meistens hilft Cassidy Mädchen (aber auch Jungs), die unglücklich sind, deren Beziehungen toxisch geworden sind und dabei redet sie mit ihnen viel über Mut und Selbstvertrauen. Cassidy beendet nicht einfach Beziehungen, sondern baut traurige und verletzte Menschen wieder auf. Das Empowerment, das durch den Schlussmach-Service entstand, hat sogar mich erreicht und viele wichtige Dinge zur Unabhängigkeit, Respekt und Selbstwertgefühl wurden gesagt.
„Nun zur Schlussmach-Hilfe. Mein Grandpa braucht dich.“ […] „Unsere Nachbarin will an seinen Kaktus.“
My First Love
Da ich die Bücher von Tanja Voosen schon seit einer Weile lese, bin ich der Meinung eine definitive Veränderung von ihren Impress-Romanen zu diesem hier festzustellen. Das las sich wie ein neues Level an Tanja-Voosen-Buch, wo mehr gut ausgearbeitete Figuren vorhanden waren, mehr Handlung und Tiefe, mehr Drumherum. Es gab auch mehr Abenteuer und spannende Aktionen, die Welt der Stadt Newfort war so schön und detailliert ausgearbeitet und durch Cassidys Abenteuerlust bekam man davon auch viel zu sehen.
Eines von Cassidys Hobbies ist es nämlich neue Dinge auszuprobieren. Sie ist Meisterin darin kostenlose Schnupperkurse oder Rabattaktionen zu finden, damit kompensiert sie das geringe Einkommen ihrer Familie. Dadurch geht man mit ihr eben Minigolfen, Campen, Reiten. Die Handlung war wirklich abenteuerlich und abwechslungsreich und zwischendrin gab es dann die Liebesgeschichte, die ich lesen wollte. Ich mag es immer, wenn es eine gewisse Hate-to-Love-Chemie gibt und die hatten Colton und Cassidy auf jeden Fall. An manchen Stellen fand ich es ein wenig kitschig, ich bin einfach kein Freund von großen Liebesbeteuerungen, wenn man nicht einen gewissen Zeitraum zusammen gewesen ist.
Ein gebrochenes Herz, ist ein Herz, das geliebt wurde.
My First Love
Wenn ich den Anfang ein bisschen langsam fand, dann ging das Ende umso schneller. Mir ist immer noch ein bisschen schwindelig, wenn ich an alles denke, das am Ende passiert ist. Das hatte aber auch zur Folge, das ich bei Cassidys Gefühlen nicht mehr mit kam. Es ist so viel passiert, dass vieles überdacht werden musste und dann ist noch etwas mehr passiert und am Ende war ich etwas verloren. Ich konnte Cassidys Beweggründe nicht mehr nachvollziehen, hätte an dieser Stelle gerne mehr Erklärungen gehabt und einen Moment Ruhe, zum durchatmen.
Auch wenn ich jetzt ein bisschen mehr kritisiert habe, als erwartet, hatte ich immer noch wahnsinnig viel Spaß an dem Buch und habe die Art Roman gelesen, die ich brauchte. Tanjas Schreibstil ist wahnsinnig toll und stark und hat dieses Buch einfach wunderbar lebendig gemacht.
My First Love
Verlag: heyne fliegt | Seiten: 445 | Format: Taschenbuch mit Klappenbroschur, eBook | Preis: 12,00€ (TB); 9,99€ (EPub) | Erscheinungstermin: 23. Juli 2018 | Link zur Verlagsseite
[…] gibt es bereits eine Rezension, aber mir ist im Nachhinein noch klar geworden, dass ich dieses Buch so liebe, weil es wie die […]