Ich habe lange überlegt, ob ich diese Rezension wirklich schreiben will. Mehr als 3 Wochen ist es her, dass ich es gelesen habe und oft habe ich Sätze herumgewälzt und überlegt, wie ich meine Meinung verpacken soll. Denn je länger ich über das Buch nachgedacht habe, desto weniger konnte es mich überzeugen. Aber dieses Buch lässt mich nicht los und irgendwie habe ich auch das Gefühl, dass ich es der Autorin schulde. Die Krone der Dunkelheit habe ich nämlich bereits 2016 unter dem Namen Der leere Thron kennengelernt und habe seitdem auf dieses Buch gewartet und mich für Laura Kneidl mitgefreut, als es seinen Platz bei Piper gefunden hat. Dennoch haben meine Anmerkungen von damals auch beim veröffentlichten Werk immer noch Gewicht und ich will auf diesem Blog ja auch ehrlich sein.
Darum gehts
In Thobria ist Magie verboten, dennoch praktiziert die Thronfolgerin Freya diese im Geheimen, um ihren vor Jahren verschleppten Bruder Talon zu finden. Gleichzeitig kämpft eine junge Frau an der Mauer um einen Platz bei den (männlichen) unsterblichen Wächtern, die Thobria vor den bösen Kreaturen des Nachbarlandes Melidrian schützen. Am Horizont braut sich eine Verschwörung zusammen und plötzlich müssen sich Freund und Feind zusammenschließen, wenn sie überleben wollen.
Meine Meinung
Diese Rezension zu schreiben war schwierig. Ich wollte ehrlich bleiben, gleichzeitig aber nicht auf den Gefühlen der Autorin und ihrer Arbeit herum trampeln. Ich hoffe, dieser Spagat ist mir gelungen.
Was mir an diesem Buch sehr gut gefallen hat, war die Entwicklung des Schreibstils. Passend zum Genre wurde dieser wesentlich eleganter und ausgefeilter, es hat einfach Spaß gemacht zu lesen, wie schön die Sätze miteinander verwoben wurden. Gerade bei Laura Kneidl habe ich immer ein bisschen mit dem Schreibstil gekämpft, weil er mir zu kurz und knapp war; zu sehen, dass es in diesem Buch anders war und das Lesen nur so geflutscht ist, war toll. Allerdings wirkten manche Sätze gestelzt, sie passten nicht richtig in den Text hinein, wirkten zu Floskelhaft, wie aus einer schlechten Shakespeare-Adaption.
Mir persönlich hat die Gemächlichkeit des Buches auch ganz gut gefallen, denn die Handlung setzt eigentlich erst in Teil 2 der drei Handlungsteile ein und bis dahin sind es fast 300 Seiten. Was für einige langatmig wirken mag, hat mir gefallen, weil sich so Zeit genommen wurde, die Welt zu erklären, etwas, dass ich in letzter Zeit bei vielen Büchern zu oft bemängelt habe. Gerade die ersten 200 Seiten waren für mich nochmal extra spannend, weil sie der Länge der Leseprobe entsprachen, die ich damals als Testleserin bekommen habe und es einfach nur cool war zu sehen, wie der Text sich in zwei Jahren entwickeln konnte. Ich hatte richtig Spaß dabei mein Wissen mit dem Text zu vergleichen und die Entwicklung zu sehen. (Da spricht hoffentlich die zukünftige Lektorin aus mir.)
Bei den Figuren war meine Meinung dann wieder recht wechselhaft, am meisten gefallen hat mir Ceylan, weil ich ihren Handlungsstrang an der Mauer bei den unsterblichen Wächtern einfach so cool finde. (Und um die Parallele nicht unangesprochen im Raum stehen zu lassen: Jon Schnees Kapitel in Das Lied von Eis und Feuer waren auch immer meine liebsten.) Dennoch verliert ihr Charakter bei längerem Nachdenken ein bisschen an Substanz, ihre Daseinsberechtigung beschränkt sich leider darauf das Love-Interest eines anderen Charakters zu sein, was ich mehr als Schade finde. Ich mochte sie für ihre rebellische Art, dass sie sich gegen die Männer durchsetzten konnte und wollte, wenn auch manchmal mit dummen Aktionen. Zum Ende des Buches hin verloren einige Figuren für mich an Reiz, es gab nicht genug Entwicklung, um mich weiter zu fesseln. Da es sich aber um eine Trilogie handelt, kann diese Entwicklung natürlich auch noch in den nächsten Bänden kommen.
Dasselbe könnte ich auch von Freya, der anderen weiblichen Erzählerin, sagen. Mochte ich sie zu Beginn des Buches für ihren Tatendrang und Zielstrebigkeit, hatte diese zum Finale hin nachgelassen und auch wenn ihre Rolle keine kleine und sehr wichtig war, fand ich sie aufgrund ihrer Prinzessinnen-Atribute eher … blöd. Sie war das komplette Gegenteil zu Ceylan, was einerseits schön zu lesen ist, andererseits eben nicht mein Geschmack. Ihre Hilflosigkeit und Abhängigkeit von ihrem Begleiter fand ich manchmal ermüdend und ich war öfter in ihren Kapiteln geneigt, das Buch zur Seite zu legen, als bei Ceylan oder den anderen Figuren.
Die etwas weniger guten Dinge dieses Buches waren die Königsreligion, zu viele Parallelen und wie ich finde, gewollte Diversität. Die Königsreligion stößt mir deswegen so schlecht auf, weil sie a) absolut sinnfrei ist (Hier wird die Königsfamilie für etwas angehimmelt, was sie nicht einmal getan haben, sondern ihre Vorfahren.) und b) eine sehr merkwürdige und auch problematische Beziehung zwischen Freya und einem anderen Charakter hervorruft. Anbetung ist einfach niemals Grundlage für eine gleichberechtigte Beziehung und das könnte sich in den nächsten Büchern noch zu einem krassen Problem mausern. In DKDD ist noch nichts Schlimmes in dieser Richtung passiert, aber bei all den Möglichkeiten der Entwicklung dieser Beziehung bekomme ich eine Gänsehaut.
Die bereits erwähnte Parallele zu Das Lied von Eis und Feuer ist eher schwach, gerade in den Details unterscheidet es sich dann sehr. Aber das ist ja nicht die einzige Parallele. Zu oft hat das Buch mich an Das Reich der sieben Höfe von Sarah J. Maas erinnert; das beginnt mit der Verfeindung und Trennung durch eine Mauer zwischen Menschen und Fae und endet bei der Seeliekönigin Valeska, die man auch der Einfachheit halber Amarantha hätte nennen können die zu viel Ähnlichkeit mit Amarantha hatte. Die Fakten: Rothaarig, wunderschön, skrupellos, hat einen Mann als Sklave an sich gebunden, der ihr Meuchelmörder und Sextoy ist. Klingelt es da bei euch? Weylin hat zwar weniger mit Rhysand gemein, aber dennoch wirkt das alles einfach nicht gut. Valeska hat zwar andere Motive als Amarantha und ist wohl doch eher friedliebend, aber …
Was ich noch ansprechen muss ist die Diversität. Ich schätze den Aufwand und den Zweck der Repräsentation in dem Buch, die Unseelie sind in ihrer Sexualität wesentlich offener als die Seelie, dennoch wirkte dieser Aspekt für mich zu sehr in den Vordergrund geschoben, ganz nach dem Motto „Sieh mal, ich schreibe divers“. Zudem wird das zum ersten Mal aus der Sicht eines Seelie gezeigt, die wiederum ganz in die heterosexuelle Richtung gestrickt sind. Es wird ungewollt eine Vergleich hervor gerufen, der nicht hätte da sein sollen.
Ein letztes Wort zur Handlung: Ich hatte mit etwas mehr gerechnet. Obwohl gerade die letzten 200 Seiten spannend waren, war mir diese Spannung zu sehr auf eine Stelle konzentriert, es gab zu wenige Handlungsstränge, die da zusammengelaufen sind, um für mich den Anspruch auf High Fantasy zu rechtfertigen. Ich finde, da gab es etwas verschenktes Potenzial, denn einige als wichtig hoch gehaltene Figuren waren das gar nicht im Buch selber und das war etwas enttäuschend.
Gemessen an anderen High Fantasy Romanen (Egal ob für Erwachsene oder Jugendliche gedacht) konnte Die Krone der Dunkelheit mich nicht so überzeugen. Dazu fand ich die Handlung etwas zu lasch, einige Plotpunkte zu einfach und unglaubwürdig gemacht (Ceylans Strafe z.B.) und das Worldbuilding nicht überzeugend genug. Zur Verteidigung Laura Kneidls muss ich aber auch sagen, dass ich gerade bei High Fantasy wahnsinnig kritisch bin und gerade in den letzten Monaten richtig gute Bücher des Genres (Herr der Ringe, die Weitseher-Chroniken) begonnen habe zu lesen und mit solchen Werken mitzuhalten ist schwierig.
So, Fazit?
Bei Die Krone der Dunkelheit kann man die schöpferische Entwicklung Laura Kneidls wunderbar sehen und für diese Entwicklung möchte ich sie gerne unterstützen und loben. Allerdings waren meine Ansprüche doch zu hoch, weswegen ich an einigen Stellen enttäuscht wurde. Dieses Buch ist gut für Einsteiger der High Fantasy, kann aber nicht mit Größen wie Sarah J. Maas, Patrick Rothfuss oder – für mich nun – Robin Hobb mithalten. (Diese Aufzählung erfolgt so nur um verschiedene Altersgruppen und Ansprüche abzudecken.)
Und was denkt ihr nun von dem Buch? Ist meine Kritik gerechtfertigt oder hätte ich lieber die Finger davon lassen sollen?
Verlag: Piper • Seiten: 634 • Format: Taschenbuch mit Klappenbroschur, eBook • Preis: 15€ (TB); 12,99€ (ePub) • Erscheinungstermin: 2. Oktober 2018 • Neugierig?
Elena meint
Eine schöne Rezension, danke dafür. Ich habe bisher noch nichts von Laura Kneidl gelesen und werde es vermutlich auch in Zukunft nicht tun. Wie du selbst schreibst, je nachdem, was mensch so im Vorfeld gelesen hat, sind da eben andere Ansprüche, Erwartungen und Vergleichsmöglichkeiten. Mir ist innovatives Schreiben mittlerweile sehr wichtig geworden, da ich es leid bin, die Handlung praktisch vorhersagen zu können. Natürlich kann das Rad nicht jedes Mal komplett neu erfunden werden, aber es gibt schon deutliche Unterschiede.
Friederike meint
Hallo Elena,
du hast so Recht. Es gibt einfach zu viele ähnliche Bücher auf dem Markt und dann werden ausgerechnet diese von allen geliebt. Innovative Geschichten kommen dagegen gar nicht an, was ich sehr Schade finde. Hoffentlich können da Buchblogs in Zukunft etwas dagegenwirken. Ich bin jedenfalls immer wieder überrascht, wie gut solche eher negativ konnotierten Rezensionen bei Lesern ankommen, der Diskussionsbedarf scheint da ja endlos zu sein.
Vielen Dank für deinen Kommentar, ich habe mich sehr darüber gefreut.
Alles Liebe,
Friederike.
Hanna meint
Ich finde deine Rezension toll. Sie ist ehrlich und kritisch, aber gut begründet und offen gehalten. Obwohl du nicht so begeistert von “Die Krone der Dunkelheit” scheinst, ist deine Rezension die erste, die mich wirklich neugierig auf das Buch macht ?
Friederike meint
Hallo!
Haha, das habe ich auch noch nicht gelesen, dass eine eher negative Rezension neugierig macht. Freuen tut es mich aber dennoch, besonders, da ich mir sooo unsicher war. Vielen lieben Dank für dein Lob, es tut gut zu hören/lesen, dass ich mein Ziel erreicht habe. Solltest du das Buch lesen, bin ich gespannt auf deine Einschätzung.
Liebe Grüße,
Friederike.
Janika meint
Liebe Friederike,
ich freue mich sehr, dass du dich nun doch dazu entschlossen hast die Rezension zu schreiben! Als ich die Benachrichtigung gelesen habe, habe ich sofort raufgeklickt und sie sehr genossen. Ich finde, du argumentierst fantastisch und trittst Laura Kneidl mit deiner Buchbesprechung auch nicht auf den Schlips. Es ist ja wirklich so: Wenn man sich im High Fantasy Gewässer etwas besser auskennt, findet man nicht alle Werke immer gut, auch wenn sie von anderen (die vielleicht nicht so oft High Fantasy lesen) gehyped werden. Ich lese ebenfalls furchtbar gerne High Fantasy, ob das nun Patrick Rothfuss, Sarah J. Maas oder George R. R. Martin ist. Man kennt sich einfach etwas aus und wenn dann da ein Werk daherkommt, das deutliche Parallelen zu bereits bekannten Werken aufzeigt und gleichzeitig nicht an diese herankommt, was Charaktertiefe, Plotentwicklung & Tiefgang an sich betrifft, ist es mehr als verständlich, dass man nicht so begeistert ist.
Ich hatte es mir ja schon nach deinem Rückblick auf den Oktober und Katharinas Rezension gedacht, bin nach deiner aber nun auch ziemlich fest davon überzeugt, dass mich »Die Krone der Dunkelheit« ebenfalls weniger vom Hocker hauen wird. Dennoch freue ich mich auf die Lektüre und dann auch das Schreiben der Rezension. Wenn ich etwas zu kritisieren habe, macht mir das Schreiben der Buchbesprechungen nämlich mehr Spaß und fällt mir deutlich leichter als »Lest es, es ist einfach so gut!« 😀
Alles Liebe und einen fantastischen Tag!
Janika
Friederike meint
Liene Janika,
ich freue mich so, dass du Spaß an dieser Rezension hattest. (Und deine Begeisterung für meinen Blog haut mich immer wieder aus den Latschen.) Gerade Hype finde ich zunehmend schwierig zu handhaben, gerade auch wegen deiner angeführten Punkte. Ich finde es irgendwie Schade, dass durch meinen höheren Anspruch ich weniger Spaß an den meisten Büchern habe, gleichzeitig bin ich aber noch (!) wählerischer und entdecke mehr Juwelen eines Genres. Ich bin schon sehr gespannt, was du zu dem Buch sagen wirst, ob du meinen Punkten zustimmen kannst.
Alles Liebe und danke für deinen Kommentar,
Friederike.